
Fortsetzung folgt: …
Fortsetzung folgt: Vom Wochenbett in die Öffentlichkeit | Predigt zu Lukas, 2, 21-40 | Verfasst von Kira Busch-Wagner, Trinitatisgemeinde Karlsruhe-Aue |
Liebe Gemeinde,
Fortsetzung folgt! Wir haben Weihnachten erreicht. Viele haben es festgehalten auf Handys, Videoclips, Blogs. Der Heilige Abend – eine Zäsur. Obwohl in diesem Jahr die Stille schon vorgezogen war, für mache unheimlich. Und nun geht es weiter. In Etappen. Auch in den Weihnachtsgeschichten der Bibel. Eine Woche später. Einen Monat später. Immer noch in Bezug auf das Fest der Geburt. Immer noch davon geprägt, aber mit neuem Ausblick.
An die Geburt des Kindes in der Davidsstadt Bethlehem schließen sich an Namensgebung des Kindes,Jesus, und Beschneidung. Jesu Zugehörigkeit zum Bund, zum Volk Gottes ist jetzt offenkundig.
Und dann, so erzählt der Evangelist, einen Monat später: nach der religiösen Reinigung der Mutter die sogenannte Auslösung der männlichen Erstgeburt. Ein Fest in besonderer Erinnerung daran, dass kurz vor dem Auszug aus Ägypten, die männlichen Erstgeborenen, ganz besonders bedroht waren. Hatten erst die mutigen Hebammen das Leben der Kinder gerettet, so verdanken sie am Ende ihr Leben Gottes Weisung und Ruf. Ganz Israel ist sich bewusst: die erstgeborenen Jungen aller Zeiten stehen Gott gegenüber in besonderer Dankespflicht. Auf die Erstgeborenen hat Gott ein besonderes Vorrecht. Sie werden daher symbolisch ausgelöst. Ein besonderes Fest, ein besonderer Dank bis heute. Jesus hält gewissermaßen an seiner Verpflichtung fest. Sein Leben ist gebunden an Gott bis zum Tod und darüber hinaus. Und Gott ruft und rettet am Ende auch den Erstgeborenen Jesus vom Tode. Das wird dann Ostern sein.
Noch aber sind wir in der Weihnachtszeit, kurz nach der Geburt.
Als Fest der Familie wird Weihnachten dem entsprechend oft zitiert. Dabei sind in der Bibel neben der jungen Familie mit dem Kind von vornherein noch ganz andere Lebensgemeinschaften mit dabei. Die Hirten als eine sehr bodenständige Arbeits- und Lebensgemeinschaft. Die Menge der himmlischen Heerscharen: Boten göttlicher Sphäre. Bei Matthäus bezeugen königliche Sterndeuter die eigentlichen, die richtigen Machtverhältnisse, als sie das Kind verehren.
Lukas vergrößert gleich nach Geburt, Namensgebung und Beschneidung den Raum für ganz Israels. Er vergrößert den Raum. Die Familie, erzählt Lukas, zieht nach Jerusalem, in den Tempel. Sie kommt vom Wochenbett in die Öffentlichkeit. Bei unseren Bezirkssynode ist die Öffentlichkeit gewährleistet selbst durch eine einzelne Vertreterin der Presse. Bei Lukas ist die Öffentlichkeit repräsentiert durch zwei Figuren: Simeon und Hanna.
Mit Simeon und Hanna lässt sich sagen: Weihnachten ist ein Fest der Sinne. Simeon und Hanna: Sie hatten gewartet. Hatten vielleicht gezweifelt, gejammert, ihren Alltag gemeistert, haben die Jahre hingehen sehen. Jetzt spüren sie hin, sehen, hören. Sie staunen, lachen, singen, loben, danken, segnen. Und sie spüren, sehen, hören, denken über sich selbst hinaus. Trösten. Reden. Diskutieren. Verkünden.
„Meine Augen haben das Heil gesehen,“ sagt Simeon. „Ein Licht zur Erleuchtung der Heiden, der Völker der Welt jenseits von Israel. Ein Licht, wozu man Israel nur gratulieren kann.“
Für die Eltern aber, ahnt Simeon, wird das nicht leicht werden. Gegenüber Maria spricht Simeon auch dunkle Zeiten an. Gut, dass jemand auch so etwas wahrnimmt, auch da hinspürt. Gut, dass einer auch Schweres anspricht in all der Freude und die Eltern auch damit nicht allein lässt.
Von Hanna ist ein genaues, sozusagen biblisches Alter bekannt: 84 Jahre ist sie. Eine alleinstehende Seniorin. Ihr Anliegen: die Schrift zu lesen im Blick auf die eigene Gegenwart. Und ihre Lesart in die Öffentlichkeit zu bringen. Darum nennt sie Lukas eine Prophetin. Nach der Begegnung im Tempel redet Hanna über das Kind mit allen, die auf die Befreiung Jerusalems warten. Die Hoffnung und die Bitte: „erlöse uns vom Bösen“ bekommen durch sie neue Nahrung.
Im Lukas gibt es einige Geschichten, die ganz paritätisch besetzt sind. Eine Frau, ein Mann. Unterschiedliche Perspektiven. Unterschiedliche Lebensgestaltung. Gemeinsam: Repräsentanten Israels. Für die große Öffentlichkeit. Für die Völker der Welt. Für uns.
Sie haben gewartet. Hingespürt. Hingesehen. Hingehört. Sie haben dann vom Kind her aufgeschaut. Auf die drum rum. Auf uns. Um zu danken. Zu trösten. Zu verheißen. Zu hoffen. Um zu erzählen. Zu bereden. Um zu segnen. Und wirksam zu werden.
Mit Simeon und Hanna wird aus dem Fest der Geburt und dem Fest der Familie ein öffentliches Fest. Auch wenn es nur zwei Personen sind.
Die Familie kehrt erst mal heim nach Nazareth. Simeon und Hanna bleiben in Jerusalem. Bleiben Gemeinde. Bleiben Öffentlichkeit. Sind ansprechbar. Haben anders als die Eltern Maria und Josef mit dem ersten Kind wie gute Großeltern den Kopf und die Hände frei. Können hinsehen. Können weitergeben.
Unser Fest, größer als für eine Kleinfamilie, und seine Fortsetzung verdanken wir ihnen.
Amen.
Liedvorschläge aus dem EG:
52 Wisst ihr noch, wie es geschehen, immer werden wir’s erzählen: 1,5.6.
56 Weil Gott in tiefster Nacht erschienen: 1.4.5.
57 Uns wird erzählt von Jesus Christ
163 Unsern Ausgang segne Gott
172 Sende dein Licht und deine Wahrheit
222 (nach dem Nunc dimittis) Im Frieden dein
Fürbitten:
Der Predigt entsprechend
für Lebenszusammenhänge jenseits von Kleinfamilie
für RepräsentantInnen der Öffentlichkeit
für Familien, die unter besonderen Belastungen leiden, um Trost und Beistand
Pfarrerin Kira Busch-Wagner, Karlsruhe
e-mail: Kira.Busch-Wagner@kbz.ekiba.de
Kira Busch-Wagner, geb. 1961, Pfarrerin in Aue, engagiert im christlich-jüdischen Gespräch und in der evangelisch-katholischen Ökumene