
Hebräer 13, 12-14
|
Judika (5. Sonntag der Passionszeit), 17. März 2002
Predigt über Hebräer 13, 12-14, verfaßt von Jörg Wegner |
Liebe Gemeinde,
eingezogen ist er in Jerusalem noch unter Hosiannarufen. Tja, der hat halt unsere Erwartungen nicht erfüllt, sagen die einen. Jesus endet bei denen, mit denen er sich zeitlebens abgegeben hat: den Sündern, Huren, Dieben, Ehebrecherinnen, Betrügern und Verkrüppelten. Hätte er sich doch ein bisschen mehr arrangiert. Er hat es halt übertrieben mit seiner Rede von Gnade und Freiheit und Barmherzigkeit. Nun seht ihn euch an. Guckt hin und seht, in welcher Schmach er endet. Außerhalb der Gesellschaft, vor den Toren der Stadt endet seine Geschichte. Wir sind fertig mit ihm. Wer sollte dem noch nachlaufen. Wo werden seine Anhänger bleiben, wenn sie merken, auf was sie sich da eingelassen haben. Wie die Hasen werden sie laufen und sich verkriechen. Jesu Geschichte scheint den Bach runter zu gehen. Drei Verse nur des Hebräerbriefes ringen darum zu verstehen, was hinter dem traurigen Ende des Jesus aus Nazareth steht: 13:12 Deshalb hat auch Jesus, um durch sein eigenes Blut das Volk zu heiligen, außerhalb des Tores gelitten. Wenn ich es böse meinte, könnte ich sagen, das hier sei ein selbstmörderischer Aufruf einiger Unverbesserlicher. Die wollen nicht wahrhaben, dass das mit Jesus nichts war. Das sind die Worte des Briefs aber gerade nicht, eine Durchhalteparole. Der Schlüssel zu dem, was gemeint ist, liegt in den Worten „außerhalb des Tores“ und „vor das Lager“. Wie sieht’s bei denen aus, die innerhalb bleiben? Damals waren die Städte mit schützenden Mauern umgeben. Das strahlte Sicherheit aus. Alles war geregelt. Die Gesellschaft schied sich fein überschaubar in Oben und Unten. Priester und weltliche Machthaber nahmen den Menschen das Denken ab. So kann man auch leben, zumindest solange man sich zufrieden gibt und nicht aneckt, wenn einem was nicht passt. Welcher Mensch sucht nicht nach einem angenehmen Leben? Wer hat schon Lust, alles immer zu hinterfragen? Jesus aber hat sein Leben darin verzehrt. Er hat immer neu Mauern niedergerissen, die Menschen zwischen Menschen hochgezogen haben. Er wollte immer wieder die Tore aufreißen, hinter denen die Menschen sich und ihre Gewohnheiten verbarrikadiert haben. Und wenn wir seine Botschaft heute noch ernst nehmen, spüren wir, wie er immer noch an all dem rüttelt. Drei Verse Bibel muten uns das andere zu. Verweist Jesus nicht aus eurem Leben, nur weil er eben unbequem ist. Verlasst die Mauern. Macht hoch die Tür, das Tor … nicht um Jesus einzulassen, sondern um ihm vor die Tore zu folgen. Haltet dem schmachvollen Anblick stand. Da erkennt ihr etwas vom Zustand der Menschen. Aber ihr lernt auch etwas von Freiheit und Hoffnung, von neuem Atem und neuem Licht, wie ihr es innerhalb des Gewohnten nie finden werdet. Das ist das Baumaterial zu der zukünftigen Stadt, die euch Heimat geben wird, doch ohne Mauern und Tore auskommt, weil dort die Menschen ohne Angst sich begegnen, sich Freiheit gewähren, sich der Gerechtigkeit verpflichten und die Liebe zum Maß erhoben haben. Auf den letzten Seite der Bibel wird die Stadt uns als große Vision vor die Augen gestellt. Sie kann Architektur unseres Lebens bestimmen, und selbst die Schmach findet darin ihr Ziel und ihr Ende: 21:2 Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Amen Pfr. Jörg Wegner |
|