Jesaja 58,7-12

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Gott sei Dank | Erntedankfest | 05.10.2025 | Jes 58, 7-12| Sabine Handrick |

Teil dein Brot mit dem Hungrigen, nimm die Armen und Obdachlosen ins Haus auf.
Wenn du einen nackt siehst, bekleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Nächsten!
Dann bricht dein Licht hervor wie die Morgenröte, und deine Heilung schreitet schnell voran.
Deine Gerechtigkeit zieht vor dir her, und die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.
Dann antwortet der Herr, wenn du rufst. Wenn du um Hilfe schreist, sagt er:
Ich bin für dich da!
Schaff die Unterdrückung bei dir ab, zeig auf niemanden mit dem Finger
und unterlass üble Nachrede. Nimm dich des Hungrigen an und mach den Notleidenden satt.
Dann strahlt im Dunkeln ein Licht für dich auf.
Die Finsternis um dich herum wird hell wie der Mittag.
Der Herr wird dich immer und überall führen.
Er wird dich auch in der Dürre satt machen und deinen Körper stärken.
Dann wirst du wie ein gut bewässerter Garten sein, wie eine Quelle, die niemals versiegt.
Du wirst Stätten wieder aufbauen, die seit Langem in Trümmern liegen.
Grundmauern aus vergangenen Zeiten wirst du wieder herstellen.
Dann wird man über dich sagen: Das ist der, der die Mauerlücken schließt
und unwegsames Land wieder bewohnbar macht.

Basisbibel- Jesaja 58,7-12

 

Liebe Gemeinde

Wir feiern den Moment – ein kleines Stück von der Ewigkeit … so singt sie mit strahlendem Lächeln und nimmt einen mit in diesen Country-mässigen Rhythmus, bei dem man am liebsten mittanzen möchte. Das Banjo über der Schulter stiefelt Miriam Buthmann über ein abgeerntetes Feld. Sie dirigiert ein Ballett von Mähdreschern, Traktoren und anderen, schweren Maschinen, die dann beschwingt über den Acker rollen. Die Bauernfamilien am Steuer strahlen, lachen und winken uns zu, dass es eine Freude ist. Dieser Song transportiert Erntedank mal ganz unkonventionell. Mir hat es Spass gemacht, dieses Video anzuschauen – ich hoffe, Euch auch. Wenn wir in das Gesicht der Sängerin und der Bauern mit ihren Familien schauen, sehen wir Freude und wie Familien zusammenhalten, wie sie den Moment geniessen – das kleine Stück von der Ewigkeit.

Bei uns in Fribourg z. B. in Plaffeien, wenn Alp-Abzug gefeiert wird, begegnen wir ähnlich fröhlichen Hirtenfamilien. Bekleidet mit ihrer schönsten Tracht ziehen sie mit ihren ebenfalls festlich geschmückten Tieren ins Tal. Das ist ein Fest, wo zehntausend Leute am Strassenrand stehen und den Familien entgegenwinken. Auf traditionelle Weise wird gefeiert mit Alphorn, Jodlerchor und Volksmusik. Mit viel herzlicher Sympathie ist dieses traditionelle Volksfest von ausnehmend guter Stimmung geprägt und wird auf diese Weise auch zu einem besonderen Moment, einem Stück von der Ewigkeit.

Wer sich den ganzen Sommer lang um die Kühe gekümmert und dafür gesorgt hat, dass wir in den kommenden Monaten viel guten Alpkäse geniessen können, hat Grund stolz zu sein. Die Bauernfamilien und die Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten, tragen mit ihrer Arbeit wesentlich dazu bei, dass wir das täglich Brot und Käse, Milch, Fleisch, Obst und Gemüse auf dem Tisch haben.

Ihnen dafür Respekt zu erweisen und ihnen dankbar zu sein, ist die eine Ebene des Erntedankfestes. Die andere, alles umfassende Ebene bezieht sich auf Gott und kommt mit dem Stichwort «Ewigkeit» ins Spiel. Im heutigen Erntedank-Gottesdienst erinnern wir uns auch daran, wem wir diese Welt und unser Leben verdanken.

Das jubelnde Staunen über Gottes Schöpfung, in der wir leben, haben die Schülerinnen und Schüler zum Klingen gebracht, als sie uns heute Psalm 104 (Peter Spangenberg) gelesen haben.

Voller Begeisterung singt dieses alte, biblische Lied von der Freude am Dasein, dass wir atmen und schauen können und tief in der Seele erkennen, wie wunderbar alles gemacht ist, was uns umgibt.

Halleluja! Lieber Gott; dein Name strahlt wie ein helles Licht.

Wer in sich diese Dankbarkeit und Freude spüren kann und wer das Leben bewusst annimmt als ein kostbares Geschenk, der kann eigentlich gar nicht anders als in dieses Halleluja einzustimmen – Gott sei Dank!

Doch meist kommen uns diese Worte nur als Stoß-Seufzer über die Lippen: ein erleichtertes „Gott sei Dank“ wenn etwas noch mal geradeso gut gegangen ist oder wenn wir etwas Schwieriges geschafft haben. – Aber wie wäre es, wenn wir ein „Gott-sei-Dank“ bewusst immer wieder in unseren Alltag einbauen würden?

Würde das etwas ändern an der eigenen Haltung und Sichtweise, dem ganz persönlichen Glauben? Zum Beispiel: Wer regelmäßig Tischgebete pflegt, setzt nicht nur eine Tradition fort, sondern stärkt in sich selbst das Bewusstsein für die guten Gaben, die wir Tag für Tag empfangen. Das Leben ist ein Geschenk, das wir uns nicht selbst machen können. Es wird uns gegeben und anvertraut.

Wie gehen wir damit um, wie nehmen wir es an? Sind wir dankbar oder egoistisch; bewusst oder nachlässig – das ist die Frage: Mit welcher Haltung gehe ich durchs Leben? Suche ich stets meinen Vorteil? Habe ich pausenlos Grund zum Reklamieren, wenn ich nicht alles und sofort bekomme, so wie ich es will? Hauptsache: ICH, ICH, ICH.

Oder kann ich zufrieden sein mit dem, was ich habe? Sehe ich mich als Teil der Schöpfung, verbunden mit den anderen Geschöpfen, Mensch und Tier? Verstehe ich die Verantwortung, die ich für unsere Erde und die menschliche Gemeinschaft habe?

Der Prophet Jesaja gibt uns dazu einige wichtige Anregungen. Es ist schön, dass wir hier keinen mahnenden Zeigefinger haben, so wie Eltern ihre Kleinkinder erinnern. „Hast du schön Danke gesagt?!“

Im Gegenteil, ich sehe hier eher viel Positives und Ermutigendes. Wenn du dies und jenes tust, dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, … Dann strahlt im Dunkeln ein Licht für dich auf. Die Finsternis um dich herum wird hell wie der Mittag. … Dann wirst du wie ein gut bewässerter Garten sein, wie eine Quelle, die niemals versiegt. Du wirst trotz Dürre satt und dein Körper wird gestärkt.

Wer das hört, hat angenehme Bilder im Kopf. Ein Garten, in dem alles wächst und gedeiht, blüht und Früchte trägt. Eine Quelle sprudelt. Reichtum an Nahrung und Schönheit. Licht und Sonnenstrahlen.

Und mit diesen freundlichen Assoziationen will der Prophet den Menschen Lust machen, richtig zu handeln.

Die Methode bei Jesaja ist nicht schlechtes Gewissen, Zwang, Verbot, sondern Verheißung, Hoffnung, positive Motivation. Wie ein begeisterndes Lied, in das alle einstimmen. Und die Freude kommt mit den richtigen Konsequenzen von ganz alleine, fast wie bei der Sängerin, die mit ihrem Lied, die Zuhörenden zum Mitwippen oder ja, Mittanzen bringt.

Was sind nun die Verhaltensweisen, die der Prophet uns als erstrebenswert vor Augen stellt?

Teil dein Brot mit dem Hungrigen, nimm die Armen und Obdachlosen ins Haus auf.
Wenn du einen nackt siehst, bekleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Nächsten!
… Schaff die Unterdrückung bei dir ab, zeig auf niemanden mit dem Finger
und unterlass üble Nachrede. Nimm dich des Hungrigen an und mach den Notleidenden satt.

Auf den ersten Blick sind das denkbar einfache Dinge, die wohl jedem/r möglich sein sollten: Nahrung, Kleidung und Wohnung teilen, wenn ein Mitmensch in Not gerät. Einander zu helfen und spontan füreinander da zu sein – so verhalten sich viele, wenn es drauf ankommt.

Aber wenn es um den nächsten Schritt geht, sich dem Nächsten nicht zu entziehen, dann wird es schon etwas schwieriger. Schaff die Unterdrückung bei dir ab, zeig auf niemanden mit dem Finger und unterlass üble Nachrede.

Wenn ich das lese, frage ich mich wirklich, ob der Prophet schon bis in unsere Gegenwart schauen konnte? Ahnte er bereits, wie es im Internetzeitalter zum Volkssport werden würde, andere an den virtuellen Pranger der ‚sozialen Medien‘ zu stellen?

Falsche Verdächtigungen in die Welt zu setzen, andere Personen schlecht zu machen, nur die eigene Sichtweise gelten zu lassen… das sind nur einige Formen des unterdrückerischen Verhaltens, das in unserer Gegenwart zunimmt. Wenn das mitmenschliche Klima vergiftet ist, Gewalt und Mobbing um sich greifen, dann haben wir die Unterdrückung noch lange nicht abgeschafft. Auch arme, hungrige und obdachlose Menschen gibt es noch immer unter uns.

Warum gelingt es uns nicht, den einfachen Ratschlägen des Propheten zu folgen?

Liebe Gemeinde, als Christinnen und Christen orientieren wir uns an dem, was Jesus sagt. Jesus führt Jesajas Gedanken weiter: „Setzt euch zuerst für Gottes Reich ein und dafür, dass sein Wille geschieht. Dann wird er euch mit allem anderen versorgen.“ (Mt 6,33). Jesus ermuntert uns: Sorgt euch nicht nur um euch selbst, sondern lebt nach Gottes Wort. Das ist die Dankbarkeit, die Gott von uns erwartet.

Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt. 5,14) sagt Jesus zu uns. Gottes Freundlichkeit Gottes soll mit uns aufleuchten, so dass wir ein Lichtblick für unsere Mitmenschen sind.

Es braucht keine Drängelei am Buffet des Lebens, keinen Neid und keine Gier, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen. Sorgen wir füreinander und haben wir einen wertschätzenden Blick auf jede andere Person! Mit einer Haltung der Liebe und des Respekts für unsere Mitmenschen werden wir bereit, nicht nur ans eigene Wohlergehen sondern auch an das der anderen zu denken. Durch Bereitschaft zum Teilen bauen wir an einer menschlichen Gemeinschaft, so wie Gottes sie für uns will.

Deine Gerechtigkeit zieht vor dir her, und die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach.

Stellen wir uns mal bildlich vor, was der Prophet hier beschreibt: Dein gutes, gerechtes, Gott und Mitmenschen schätzendes Verhalten wird vor dir herziehen, wie ein guter Ruf, der dir vorauseilt.

Und hinter dir wird Gottes strahlende Herrlichkeit als Rückendeckung sein. – Was für ein grandioses Bild!

In die kleine Münze des Alltäglichen übertragen… denkt beispielsweise an die Frau, die sich ganz selbstverständlich um die älteren Nachbarn kümmert und für sie einkauft. Oder ein Unternehmer unterstützt einen Verein, der Ferienfreizeiten für behinderte Kinder organisiert. Unsere Schülerinnen und Schüler helfen anderen Jugendlichen, damit die Waisenkinder in Takeo (Kambodscha) eine Schulausbildung erhalten. Und die anonym bleibenden Telefonseelsorgerinnen bei der „Dargebotenen Hand“ haben ein offenes Ohr für die Not ihrer Mitmenschen usw. usf.

Meine Lieben, im Geist und Herzen fallen euch sicher noch weitere Beispiele davon ein, wie Menschen einander Gutes tun. Sie alle sind „Lichtblicke“ in dunkler Zeit. Gottes Herrlichkeit wird solchen Handlungen folgen, wie eine Kraft, die mit uns mitgeht.

Gottes Segen ist wie der immerwährende Kreislauf des Lebens: Gottes Name strahlt wie ein helles Licht (Ps.104) in dieser Welt. Einst wurde sie von göttlicher Schöpfermacht ins Leben gerufen: Es werde Licht… (Gen.1,3).

Und nun ist es an dir zu erkennen, wie du in deinem persönlichen Leben dankbar darauf antworten kannst. Denn, wenn du das tust, wirst du Gottes Zusage spüren. Gott sagt zu dir: Ich bin für dich da! – Amen


Pfarrerin Sabine Handrick
Reformierte Kirchgemeinde Düdingen, FR
pfarramt@refdue.ch

Liedvorschläge:
Himmel Erde Luft und Meer, RG: 530, 1-6
Wenn das Brot, das wir teilen, Durch Hohes und Tiefes, 177,1-5
Nada te turbe, RG: 706
Der Müden Kraft, Durch Hohes und Tiefes, 85, 1-3

Zum Erntedankfest gibt es in unserer Kirchgemeinde auch die Tradition, die Schülerinnen und Schüler des 7. Schuljahrganges (9H) in der Konfirmandenzeit zu begrüssen. Die 13-14- Jährigen sind eine wichtige Zielgruppe dieses Gottesdienstes. Sie wirken im Gottesdienst mit, werden gesegnet und erhalten eine persönliche Bibel (Hoffnung für alle) als Geschenk.

In unseren Gottesdiensten setzen wir immer wieder auch Elemente der Popmusik ein und spielen Videos per Beamer ab. Diesmal verwenden wir das Lied von Miriam Buthmann:

https://www.popinstitut-nordkirche.de/song/alles-auf-der-welt/