
Johannes 1,1-5/4-19
Christfest I | 25.12.24 | Joh 1,1-5/4-19 | Suse Günther |
Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN
Joh 1,1-5/4-19
Am Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott. Und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht it. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.
ES war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes, der kam zum Zeugnis, um vom Licht zu zeugen, damit sie alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er erzählte vom Licht.
Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Er war in der Welt, aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum. Und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab der Macht, Gottes Kinder zu heißen, denen, die an seinen Namen glaubten, die nicht aus dem Blut, noch aus dem Willen eines Menschen, sondern aus Gott geboren sind.
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns. Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Gott, gib uns ein Herz für Dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN
Liebe Gemeinde!
Am Ende von Jesu Erdenleben steht ein Kreuz. Das haben wir gelernt. Dieses Symbol kennt jeder, auch die, die ansonsten vom Christentum nichts wissen, und die den Weihnachtsmann für die eigentliche Hauptfigur des Weihnachtsfestes halten.
Dass aber am Anfang auch eines steht, daran erinnert der Predigttext. Kein deutlich sichtbares Kreuz, eher ein Zeichen.
Am Anfang war das Wort, so schreibt Johannes. Gottes Wort, das die Menschen leben lässt. Am Anfang unseres christlichen Glaubens. Aber ja, wir Christen kennen auch den anderen Anfang, den zu Beginn unserer christlich jüdischen Bibel, des Alten Testamentes, dort lauten die allerersten Worte: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“
Viel Zeit ist vergangen seit dem. Viele hundert Jahre zwischen dem Zeitpunkt, als die jüdischen Theologen das aufschrieben und sich so die Entstehung des Erdenlebens erklärten: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“.
Und dem Zeitpunkt, als Johannes das in Worte fasst:
„Am Anfang war das Wort“
Eine lange Chronologie, ein Zahlenstrahl voller Ereignisse. Voller Geschichte, voller menschlicher Leben, Generationen sind vergangen, eine nach der anderen. Und in diesen langen Zahlenstrahl bricht von oben ein Licht herein, durchschneidet die Zeit.
Dadurch entsteht dieses Kreuz am Anfang von Jesu Erdenleben. Ein Kreuz, das nur die erkennen können, die selbst dieses ganz besondere Erlebnis hatten: Jesu Licht ist in mein Leben eingedrungen.
Oder die, denen man davon erzählt hat: Gottes Wort ist in meinem Leben lebendig geworden.
Ich begegne beiden Menschen. Denen, die mit dem christlichen Glauben aufgewachsen sind, denen man ihn vorgelebt hat, denen man ihn in Worte gefasst hat.
Und denen, die nie oder nur am Rande davon gehört hatten, für die der Glaube nie eine Rolle spielte. Und die dann völlig überraschend und überwältigend davon getroffen wurden: Ein Einschnitt in ihre Zeit.
Ich erinnere mich gerne an eine Begebenheit vor vielen Jahren, als meine noch kleinen Kinder mit Freunden um den Küchentisch versammelt saßen und Bilder malten, auf denen es um Weihnachten ging. Ein Mädchen malte mit akribischer Genauigkeit ein geflügeltes Wesen mit rosa Kleid und blonden Locken. Meine damals vierjährige Tochter fragte kritisch: „Was ist das?“ Die Antwort: „Das Christkind“
Und die entrüstete Reaktion: „aber der ist doch ein Bub!“
Ja, Kindermund. Und dazu noch bei Pfarrers. Am Tisch entspannte sich eine lebhafte Diskussion, in die ich mich nicht eingemischt habe. Aber mit Interesse zugehört habe.
Das, was uns bewegt, das dürfen wir weitergeben. Es müssen nicht immer die Alten sein, die die Botschaft in Worte fassen.
Manchmal müssen es aber gerade die Alten sein. Weil die Jungen keine Zeit haben. Die Rolle der Großeltern ist in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen, so sie denn in erreichbarer Nähe wohnen. Nicht weil die Großeltern die sind, die für die Märchen aus uralten Zeiten zuständig sind. Sondern weil sie vielleicht die sind, die im Getriebe eines Familienalltages eine besondere Rolle einnehmen können, die reden können von dem, was sie in einem langen Leben bewegt hat. Sie geschaffen hat.
Ich erlebe sie in meiner Gemeinde: Die Omas und Opas, die ihren Kindern Erholung verschaffen, indem sie mit den Enkelkindern spazieren gehen, ihnen vorlesen, ihnen Rede und Antwort stehen, sie auch einmal mit in den Gottesdienst nehmen. Weil sie die sind , die mit dem Besonderen, mit dem Anderen in Berührung bringen können. Denn es stimmt schon, um mit dem Einschnitt von oben, der durch unseren Alltag kreuzt, in Berührung zu kommen, muss man innehalten. Das war bei Paulus nicht anders, der sich drei Tage zurückzog, nachdem er von Jesu Licht geblendet worden war. Das ist heute nicht anders, wir mir eine Frau berichtete, die nach einem solchen lebensverändernden Eindruck mit dem Auto auf den Seitenstreifen fuhr und erst einmal sehr lange stehen blieb, um zu begreifen, was ihr da widerfahren war.
„Am Anfang war das Wort“. Wir brauchen Menschen, die davon reden. Die das Wort unter uns lebendig werden lassen. Und die damit auch uns die Möglichkeit geben, neu zu werden. „ Am Anfang war das Wort. …In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen….
Wir hören von Jesus. Und es kann sein, dass das, was wir gehört haben, uns eines Tages dann trifft wie ein Licht von oben. Dieser besondere Moment, in dem wir das für uns begreifen, was wir als Wort bereits gekannt haben.
Weihnachten will für uns so einen Schnitt machen: Gott greift ein. Er durchkreuzt unser Leben. Nehmen wir uns die Zeit, diesem Erleben nachzuspüren. Mit dem Auto rechts ranzufahren und stehen zu bleiben. Das muss nicht heute sein. Manchmal kommt die Parklücke erst später. Auch an den Tagen nach Weihnachten kann man noch innehalten.
Nicht, dass die Welt jetzt eine andere wäre. Auch nach Weihnachten werden uns die Kriege in der Welt ängstigen. Auch nach Weihnachten wird es Krankheiten geben.
Auch zu Jesu Lebzeiten war Israel von den Römern besetzt, die die Welt in Atem hielten.
Aber durch Weihnachten wird ein anderer Maßstab gesetzt.
Wir sind unters Licht gestellt. Was hier auf Erden passiert, ist nur eine Achse des Kreuzes. Wir leben weiter, mit allen Höhen und Tiefen. Aber wir sehen alles in einem neuen Licht
Am Anfang steht ein Kreuz. Und am Ende? Ist nicht auch dieses Kreuz, das wir auf unsere Gräber stellen, ein Anfang? Neues Leben für die, die da von uns gegangen sind? Und für die das nun wirklich wahr wird: Gottes Wort wird lebendig. Und wir sehen seine Herrlichkeit. Das Kreuz ist immer ein Anfang. Es lohnt sich, davon zu erzählen.
AMEN