Johannes. 14. 26

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Predigt zu Johannes. 14. 26-28, verfasst von Erzbischof Prof. Dr. Georg Kretschmar


In den Abschiedsreden des Johannesevangeliums verheißt der scheidende Herr seinen Jüngern:

„Der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe (Joh. 14. 26).“

Das Matthäusevangelium schließt mit der Zusage des auferstandenen Herrn Jesus Christus an seine Jünger: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende“ (Mt 28,20). Aber Er ist anders bei uns als in den Tagen seines Erdenwirkens in Galiläa und Jerusalem bis zur Kreuzigung. Er ist bei uns im Heiligen Geist.

Wenn Gottes Geist einen Propheten packt, dann kann es sein, daß der Mensch in Verzückung gerät und fremdartige Laute ausstößt. So etwas wird schon im Alten Testament berichtet. Und auch im Neuen Testament lesen wir vom Reden in „Zungen“. Der Apostel Paulus akzeptiert das; aber er weiß auch, daß er einen anderen Auftrag hat. Der Heilige Geist Gottes kann auch die Kraft zu wunderbaren Heilungen verleihen.

Aber darum geht es in dieser Zusage des Herrn nicht. Der uns verheißene Geist setzt die Verkündigung, das Reden Jesu fort, durch Wort und Schrift in der Kirche.An sich ist es doch eine normale menschliche Erfahrung, daß alles Reden seine Zeit hat und unsere Worte in die Vergangenheit abgleiten. Ein junger Mensch löst sich von seinem Elternhaus. Die Worte auch uns ganz teurer Menschen, der Eltern, der Lehrer, von Freunden, die nicht mehr leben, haften nur noch in unserer Erinnerung. Die Verheißung des Heiligen Geistes, des Trösters, sagt, daß Jesu Wort lebendig bleibt und seine Kraft immer wieder erneuert. Wenn der Heilige Geist erinnert, ist das mehr, als wenn ich mich erinnere. Der Auferstandene hat die Autorität seines Wortes an die Jünger weitergegeben: „Wer euch hört, hört mich“ (Lk.10,17), so heißt es schon bei der Aussendung während seines Erdenwandels; erst recht gilt das seit Ostern und Pfingsten (Joh.20,21-23). Jünger, Apostel, Apostelschüler haben die Evangelien verfaßt, Briefe geschrieben, prophetische Visionen zu Papier gebracht. So entstanden die Schriften des Neuen Testamentes unter der Verheißung des Geistes Gottes. Die Gemeinden haben gerade diese Schriften als Stimme Gottes im Geist erkannt und anerkannt. So entstand das Neue Testament. Auf dem langen Weg der Geschichte der Kirche durch fast zwei Jahrtausende mußte immer wieder die Wahrheit der Worte Jesu, die Wahrheit Gottes im Streit gegen andere Meinungen verteidigt und formuliert werden. So entstanden die altkirchlichen Lehrbekenntnisse wie das Apostolische und das Nizänische Symbol. Auch die Bekenntnisschriften der Reformation und anderer Zeiten rechnen wir hierzu. Texte, die einen festen Platz im Gottesdienst der Kirche haben, sind nicht nur Antwort auf das Evangelium, sondern auch Mittel, durch die uns der Heilige Geist an das erinnert, was der Herr für uns und zu uns gesagt hat.

Zur Wirklichkeit des Heiligen Geistes heute gehört, daß Jesu Wort verkündigt wird und daß wir ihm Glauben schenken. Dazu haben wir den Heiligen Geist in der hl. Taufe empfangen. Die Kirche ist die Gemeinschaft derer, die dem Worte Jesu glauben und getauft sind. Daß die Verkündigung des Evangeliums und damit der Worte Jesu weitergeht, ist der Auftrag und die Verheißung der Ordination zum Amt der Kirche.

Ich bin gerade von zwei Synoden in Mittelasien, in Kirgisien und Kasachstan, zurückgekommen. In Kasachstan habe ich eine kleinere, aber wachsende Gemeinde besucht, deren Pfarrer vor zwei Jahren ordiniert wurde. Er ist Bauer und lebt von seinem kleinen Hof. Das neuerworbene Gebetshaus dürfte bald zu klein sein, so viele Taufen stehen an. Der Auferstandene steht zu seiner Verheißung: Gottes Heiliger Geist ist am Werk und tröstet, das heißt: Er macht uns Mut.

Gebet:

Lieber himmlischer Vater, Vater unseres Herrn Jesus Christus und Geber des Heiligen Geistes, wir danken Dir, dreieiniger Gott, daß Du bei uns bist und das Wort Jesu, das Evangelium, unter uns lebendig hältst und wahr machst. Du sammelst Menschen in Deine Kirche aus allen Völkern und Sprachen. Du beauftragst Menschen, den Dienst der Apostel Deines Sohnes weiterzuführen. Laß uns als Deine Kinder dankbar und fröhlich leben und in der Kraft des Heiligen Geistes das Wort Jesu festhalten und immer besser verstehen. Dein Name sei gelobt in Ewigkeit.
Amen.

Komm, allgewaltig, heilger Hauch * Veni, Creator Spiritus

2. Den Betenden Du nahe bist; / in Dir teilt Gott Sich selber mit. / Du dringst durch unser ganzes Sein, / entfachst in uns des Lebens Glut.
3. Der Gaben Vielfalt teilst Du aus / und waltest schaffend fort und fort; / Du kommst, wie uns verheißen ist, / tust uns den Mund zum Zeugnis auf.
4. Erleuchte unser blind Gesicht / und leeren Herzen Liebe gib. Wenn Du nicht wirkst, vergehen wir; / Dein heilig‘ Wehen macht uns neu.
5. Nimm von uns, was von Dir uns trennt, / und gib uns, was zu Dir uns führt; / so wird Dein Friede bei uns sein / und weit muß das Verderben fliehn.
6. Daß Gott dem Vater wir vertraun, / und lieben Seinen Sohn, den Herrn, / und Dich erfahren, Gott, in uns, / dazu hilf uns, o Heilger Geist. Amen.
Ökumenische Fassung; Übertragung: Markus Jenny 1971

2. Qui diceris Paraclitus, / donum Dei altissimi, / fons vivus, ignis, caritas / et spiritalis unctio.
3. Tu septiformis munere, / dexterae Dei tu digitus, / tu rite promissum
Patris / sermone ditans guttura.
4  Accende lumen sensibus, / infund amorem cordibus, / infirma nostri corporis, / virtute firmans perpeti.
5. Hostem repellas longius, / pacemque dones protinus; / ductore sic te praevio / vitemus omne noxium.
6. Per te sciamus da Patrem / noscamus atque Filium, / te utrisque Spiritum / credamus omni tempore. Amen.

Hrabanus Maurus (9 Jh.)
Melodie: Kempten um 1000


Erzbischof Prof. Dr. Georg Kretschmar
ELKRAS (Ev.-luth. Kirche in Rußland, der Ukraine,
in Kasachstan und Mittelasien)
St. Petersburg
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