Johannes 14,22-31

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Pfingstsonntag | Johannes 14,22-31 (dänische Perikopenordnung) | Von Peter Skov Jakobsen |

Der Turm von Babel trennt – der Geist vereint

”Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht“, sagte Jesus zu ihnen infolge des Johannesevangeliums, nachdem er gesagt hatte, dass ihre Aufgabe darin bestand, das Gerücht von ihm in die Zukunft zu überliefern. Das war nicht, weil er sich nicht der Welt zu erkennen geben wollte! Keineswegs! Aber er kommt nicht unvermittelt. Das Heilige, das Ewige kommt stets vermittelt durch Worte, durch Musik, durch Kunst. Durch Menschen, durch Natur und Handlungen, durch die Stille, durch Arbeit, durch den Blick, im Schrei, in der Tiefe und in den Höhen.

Er ging fort – er starb – er stand auf von den Toten – er verließ uns- aber nur um gegenwärtig zu sein.

Kein Wunder, dass Menschen das eigenartig finden.

Das Pfingstwunder. Das Kommen des Heiligen Geistes wird nur beschrieben vom Evangelisten Lukas in der Apostelgeschichte. Das ist fast eine Karikatur. Spass kommt jedenfalls auf.

Wir sehen die Jünger mit den Augen unserer Zeit.

Da ging wohl ein Gerücht. Sie hätten sich Mut angetrunken, sagte man von ihnen. Andere dachten nur, dass sie nun wieder auf der Bank saßen und ihre betrunkenen Gedanken nachdachten.

Wirklich, arme Leute waren sie.

Aber Lukas behauptet etwas ganz anderes. Er ist der letzte der Evangelisten, der die Feder aufs Papier setzt und seine Geschichte über Jesus von Nazareth erzählt.

Erst erzählt er vom Leben Jesu, und in der Apostelgeschichte finden wir die Kirchengeschichte der allerersten Zeit, die mit dem Pfingstwunder beginnt, die mit der Befreiung der Welt beginnt, mit dem Geist beginnt, der Sinn macht und Beziehungen herstellt.

Da ist eine andere Erzählung, die mitklingen muss, wenn wir vom Kommen des Geistes reden.

Erinnert ihr euch an damals in Babel. Die Menschen konnten nicht genug für sich selbst kriegen. Sie wollten sein wie Gott. Ihre Gier nach Macht und ihre Sehnsucht nach Reichtum trieb sie hinaus in eine ganz große Selbstüberschätzung.

 Da war freilich nichts anderes geschehen als das, was so oft geschieht, nämlich wenn wir Menschen unser Spiegelbild erblicken – dann treten wir einen Schritt zurück in Ehrfurcht und Beklemmtheit über das, was wir sind – und werden leider oft eine Plage für unsere

Mitmenschen.

Damals wie heute wollen wir Türme bauen, die bis in den Himmel reichen und uns Unfehlbarkeit geben und unverwundbar machen. Wir bauen Babel-Türme, reden nicht nur davon, alle die anderen zu beherrschen, sondern das ganze Universum, auf dem Mars uns weiter jenseits. Alles soll uns untergeben sein, und es ist als sähen wir gar nicht, dass die Erde und das Universum schon stöhnt unter der Art und Weise, wie wir sind. Vieles deutet darauf hin, dass wir zu weit gehen, und doch können wir es nicht sein lassen, wild zu plündern.

Die Erzählung vom Turm zu Babel ist die Erzählung Gottes darüber, wie man versucht, die Begierde zu bekämpfen, die aus dem Ruder läuft mit Gier, Neid, Lüge und Egoismus.

Gott verhinderte das, indem er verschiedene Sprachen schuf.

Nun waren es die Kulturen, die Sprachen, die Grenzen und die sozialen Gewohnheiten, die den Wahnsinn daran hinderten, Chaos anzurichten. Die Menschen mussten sich zurückziehen hinter die Grenze und sich selbst Grenzen setzen.

Zugleich entsteht dann der Gedanke von dem auserwählten Volk, das von der Barmherzigkeit Gottes in der Welt – von dem gesegneten Volk, dessen Aufgabe es ist, eine Erwählung zu tragen und die Wahrheit in der Welt zu behaupten.

Solange die sprachliche Trennung und die Grenzen der Begierde nach totalitärer Macht und Gleichschaltung im Wege standen, war es nicht so schlimm, als dass es für etwas gut sein konnte.

Aber etwas Neues geschieht zu Pfingsten! Lukas erzählt von der neuen Wirklichkeit, vom Geist, der Gemeinschaften und Verständnis schafft. Er sprengt die Grenzen der Sprache.

Sie erzählen vom Auferstandenen. Sie erzählen von seinem Leben und Taten, von seiner Liebe zu den Menschen. Er erzählt davon, dass die Zersplitterung überwunden werden kann und dass die Sprachen und die Grenzen und Kulturen keine Hindernisse zu sein brauchen. Vielmehr können jede einzelne Sprache und jede Kultur zum Verständnis und einem Einblick in die Wirklichkeit beitragen.

   Es lohnt, sich daran zu erinnern in einer Welt, wo Geopolitik eine wesentliche Rolle spielt, in einer Welt, wo die Eroberung eines anderen Landes und die Unterdrückung ihrer Bevölkerung als die einzige Befreiung aus einem Konflikt gesehen wird.

Wir erleben, wie die schäumende Wut den Untergang des Gegners rechtfertigt, und wir erleben eine Verzweiflung über die Ohnmacht und die Rachsucht, die sich vor unseren Augen darbieten,

Wir sin religiös dazu erzogen, dass Gnade alles bedeutet – das ist Vergebung und Hingabe zu einem anderen Menschen. Aber wir sehen eine gnadenlose Ausgabe der Gnade, wenn Menschen verlangen, dass die andren von unserer Gnade leben sollen. Wenn die Gnade mir gehört, die Gnade meiner Sprache, meiner Kultur ist, dann vergreifen wir uns an der Vergebung und machen Gott von unserer eigenen Kultur und unserer eigenen Sprache abhängig.

Wir feiern, dass der Geist uns miteinander verbindet – auch wenn da eine Sprache zwischen uns ist. Wir feiern auch das 1700-Jubiläum des Nizänischen Glaubensbekenntnisses, das 325 formuliert wurde, und deshalb haben wir das nikänokonstantinopolitanische Bekenntnis aus dem Jahre 381 gesungen, das das ursprüngliche Bekenntnis erweitert.

Wir sangen vom Heiligen Geist, dass er Herr ist und lebend macht, der ausgeht vom Vater und dem Sohn. Es gab Streit über die Dreieinigkeit – vor allem über die Bedeutung des Heiligen Geistes, Sie wurden bei dieser Gelegenheit beigelegt. Soweit es also nun möglich war.

Wir Theologen sind streitbare Leute und mit dem Bau unseres eigenen Turms von Babel beschäftigt, und wir gönnen nicht immer unseren Widersachern auch nur einen kleinen Teil der Wahrheit.

Wenn man von dem Bekenntnis liest, entdeckt man, dass der Kaiser die Streitereien satthatte, und dann heißt es, dass man die Bischöfe mit etwas heftigen Methoden dazu brachte, einig zu werden. Das mit der Heftigkeit war nicht nur eine Redensart. Als die Bischöfe zum Konzil nach Konstantinopel kamen, waren einige von ihnen geschlagen, verletzt und gefoltert – und sie wussten, was ihnen blühte, wenn sie nicht zustimmten.

Die Kirchengeschichte hat ihre finsteren Seiten und ist nichts für zarte Seelen. In diesem Zusammenhang sollte man auch daran denken, anstatt die Glaubenspolizei aufeinander loszulassen, vielleicht auf die vielen Weisen der Sprachen, Gedanken und Kulturen zu hören, in denen das Edwige zu Worte kommt. Anstatt aggressiv rechthaberisch zu sein, sollte man dem Geist eine Möglichkeit geben. Anstatt das Glaubensbekenntnis und die übrigen Bekenntnisse als ein schlaues Buch zu sehen, aus dem man Einsichten heraushackt, sollte man sich damit begnügen, die Glaubensbekenntnisse als Fenster zur Ewigkeit zu sehen und sich von all dem überwältigen lassen, was man sieht, anstatt gegen andere zu polemisieren.

Danach könnte man ganz einfach auf die Einsicht des dänischen Theologen Knud Hansen verweisen: „Die Wahrheit des Evangeliums ist Jesus Christus, eine Behauptung, dass die eigentliche Wirklichkeit des Daseins weder Lüge ist noch Machtbegier, sondern absolute und unbedingte Barmherzigkeit. Ob diese Behauptung wahr ist, lasst ich weder beweisen noch widerlegen, aber wenn sie wahr ist, ist sie ein Evangelium“.

Ich wünsche mir, dass der Geist uns Mut gibt, dies zu behaupten und das Morden in der Welt zu beenden – den wahnsinnigen Hass zu beenden und das Leben der Barmherzigkeit und der Vergebung zu schaffen.

Möge der Geist uns verwandeln und in die Richtig des Friedens führen! Amen.

Bischof Peter Skov-Jakobsen

Nørregade 11, DK-1165 København K

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