
Jona 2, Matthäus 12,31-42
12.Sonntag nach Trinitatis | 18.08.24 | Jona 2, Mt 12,31-42 (dänische Perikopenordnung) | Von Rasmus Nøjgaard |
Wenn wir andere verlästern, verlästern wir uns selbst
Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben. Mit diesen Worten beginnt das Evangelium dieses Sonntags. Keine Vorbehalte. Hier wird nicht mit engem Maß gemessen, hier wird nicht gespart, Jesus ist vielmehr großzügig, geradezu verschwenderisch. Alle Sünde und Lästerung wird den Menschen vergeben. Das ist nicht nur ein kleiner Tropfen, sondern eine Dusche, ein Wasserfall. Die Liebe Gottes ist ein Wasserfall, der uns kühlt und reinigt. So wie der Himmel sich öffnet und der Regen herabfällt, ist da kein Unterschied zwischen reich und arm, schwarz und weiß, Frau und Mann, Erwachsen und Kind. Die Regentropfen fallen auf uns alle, und durchnässen Hemd und Kleid, Haar und Hut, Schleier. Die Reichtümer Gottes kommen jedem zugute.
Erinnert ihr euch an das Pfingstereignis? Jesus ist gekreuzigt, gestorben und auferstanden und aufgefahren zum Himmel, aber dann kommt er plötzlich wieder und ist bei allen Leuten. Das wird mit dem herrlichen Bild beschrieben, dass der Heilige Geist sich als eine Flamme auf die Köpfe der Leute setzt. Das ist ein Bild dafür, dass, dass wir alle den Geist Gottes erhalten. Wie damals, als Gott seinen Geist in Adam und Eva blies, und damals, als Jesus in einem neuen geistigen Leib aus dem Grabe auferstand. Großzügig verbindet sich Gott mit allen Menschen und macht uns lebendig mit je unserem Geist.
Wenn Jesus nun sagt, dass alles vergeben werden kann, nicht aber die Lästerung gegen den Heiligen Geist, was bedeutet das nun? Warum ausgerechnet der Heilige Geist? Wenn es nicht eben der Heilige Geist ist, der im Menschen eingezogen ist. Du kannst mit anderen Worten Gott und Jesus Christus lästern soviel du willst, aber nicht den Menschen, in dem der Heilige Geist ist. In wunderbarer Weise ist dies die Erzählung darüber, dass jeder Mensch unverletzlich ist. Jeder Mensch hat hier ein Schutzrecht. Christlich würden wir mit Paulus sagen, dass jeder Mensch geheiligt ist. Das ist eine Herausforderung an unser Denken, weil wir gerne möchten, dass wir uns selbst um diese Gabe verdient machen. Aber hier ist es hier umgekehrt das Schöne, dass der Glaube nicht eine Medaille ist, die du dir besonders verdient hast, sondern die du als Geschenk bekommen hast. So wie wenn wir das Abendmahl empfangen – da haben wir alle teil an der Freude des Segens. Hier in der Kirche ist die Gabe nicht den Wenigen vorbehalten, sondern sie wird allen geschenkt. Das kommt im Gottesdienst darin zum Ausdruck: Auch wenn du trotzdem alles missverstanden hast und vielleicht bei den Liedern nicht mitgesungen hast und am Abendmahl nicht teilgenommen hast – vielleicht weil du schüchtern bist, oder weil du nicht richtig verstanden hast, dass der Gesang auch ein Danklied ist und dass diese kleine aber sättigende Mahlzeit Gemeinschaft bedeutet und gleiche Wertschätzung für uns alle – so dass der Gottesdienst damit schließt, dass Gott uns alle segnet. Denn wir sind alle Kinder Gottes, und sein Geist brennt in uns allen, ob wir es wollen oder nicht.
Von hier aus können wir vielleicht verstehen, dass die gütigen und lieben Worte Jesu in entsprechend harte Worte übergehen. Lästerung des Geistes wird nicht vergeben. Der Geist hat sich mit dem Menschen verbunden. Gott kann offenbar sehr wohl damit leben, dass wir ihn verspotten als Himmelskönig und als ein Menschensohn, aber wenn wir seine Kinder verlästern, dann wir der Spott ein Gericht über uns selbst. Was Jesus danach sagt, überrascht. Unsere Worte und unsere Sprache offenbaren, wer wir sind. Wenn wir etwas Böses oder Abwertendes über andere sagen, trifft das uns selbst. Wenn wir andere herabwürdigen, dann offenbart das unsere eigene Niedertracht. Wenn wir den nicht ertragen können, der anders ist als wir, der eine andere Sexualität hat, eine andere Hautfarbe, eine andere Nationalität, eine andere Religion, dann offenbart das uns selbst als einen kleinen erbärmlichen Menschen, der andere heruntermachen muss, um sich selbst groß zu finden. Jesus sagt, dass ein guter Baum gute Früchte trägt und ein schlechter Bauch schlechte Früchte. Jesus sagt auch, dass wir alle nach unseren Worten beurteilt werden. Weil Jesus weiß, dass Worte das schaffen, was sie sagen. Wenn du herabwürdigend über einen anderen Menschen sprichst, dann verliert dieser Mensch etwas. Es bedeutet etwas, was wir sagen.
Wir leben in einer Zeit, in der das Wort frei ist in allen Medien. Ich denke nicht an so etwas wir Flüche und Kraftausdrücke, sie können sogar angebracht sein, um unser Anliegen zu profilieren und zu unterstützen, Ich denke vielmehr an die Worte und Formulierungen, die einzelne Menschen treffen mit herabwürdigender Kraft. Formulierungen, die ganze Gruppen treffen und alle in der Gruppe herabwürdigen, ohne daran zu denken, dass sie jeweils auch Individuen sind, oder wie wir hier in der Kirche sagen: In der Taufe sind wir alle Kinder Gottes geworden.
Wir sollen unsere Worte sorgsam wägen. Denn die Macht des Wortes ist groß. Es las lösen und befreien, es kann erfreuen und Liebe erweisen, es kann Würde und Glück schaffen.
Die Erzählung von Jona im Bauch des Wals sagt alles. Jona endet hier im Bauch des Wals, weil er gelogen hat und sich geweigert hat, eine ganze Stadt vor ihrem Untergang zu warnen, obwohl er sie mit seiner Warnung hätte retten können. Jona meint nämlich nicht, dass das Volk eine Warnung verdient hat, und er hat Angst vor ihm. Aber drinnen im Bauch des Wals geht er in sich, bittet Gott um Vergebung und verspricht, zum Volk in Ninive zu sprechen und ihm zu helfen. Und nach drei Tagen spuckt ihn der Wal aus, und Jona kommt und hilft Ninive.
Die schlauen Leute haben sicher schon verstanden, dass die Geschichte ein Bild ist für Jesu Tod und Auferstehung. Auch Jesus war drei Tage im Reich der Toten, aber er überwand die Finsternis des Todes, so dass seine frohe Botschaft des Evangeliums auch uns heute erreicht, so wie die Botschaft von Jona damals Ninive erreichte. Und damit wird das zu einer Botschaft an uns: Auch wenn wir zu vor nicht daran gedacht haben, wie herabwürdigend wir andere mit unseren Worten und Taten treffen, so bekommen wir heute, ja jeden Tag, die Chance, es anders zu machen und einen würdigen und respektvollen Dialog mit und über andere Menschen zu führen. Das ist die ganze Pointe des Evangeliums: Dass es mit dir beginnt. Mit uns und jedem für sich. Das ist kein apokalyptisches Gericht über die Menschheit, sondern ein Wort an uns alle, neu zu beginnen, eine Bekehrung. Weil wir Gottes Kinder sind und die Kraft des Heiligen Geistes in uns haben. Wir wissen alle, was gut ist und wahr, an dieser Wahrheit haben wir teil. Aber einen anderen Menschen oder sich selbst zerstören, das heißt Gott selbst verhöhnen. Lasst uns darüber nachdenken: Wie können wir selbst diese umfassende Liebe verwirklichen, heute und morgen? Amen.
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Sognepræst Rasmus Nøjgaard
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