Liedpredigt „Ich steh an deiner Krippen hier“ (EG 37)

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Christfest II. | 26.12.2024 | Liedpredigt „Ich steh an deiner Krippen hier“ (EG 37) | Johannes Lähnemann |

Liebe Gemeinde!

Wir haben eben die ersten vier Strophen dieses schönsten Weihnachtsliedes von Paul Gerhardt gesungen. Getragen wurde unser Gesang von Johann Sebastians Bachs andächtiger, einfühlsamer Melodie, dazu auch der Oberstimme aus dem Quempas-Liederbuch.

Warum rührt uns dieses Lied so besonders an?

Es ist wohl dies, dass es uns nicht als Beobachter draußen stehen lässt, sondern dass es uns direkt zur Krippe hinführt:

„Ich steh an deiner Krippen hier“ – mit diesen Worten nimmt Paul Gerhardt jeden und jede, die dieses Lied singen, mit, stellt er uns hin an den einfachen, äußerlich unscheinbaren Ort der Geburt Jesu. Jeder und jede von uns soll direkt mit dabei sen. Alles, was sich zwischen uns und das Kind in der Krippe stellen könnte, fällt fort. Der zeitliche Abstand von vielen hundert Jahren, der räumliche Abstand zu dem Geschehen im fernen, gegenwärtig wieder so spannungsgeladenen Bethlehem – sie werden einfach übersprungen. Und es beginnt ein andächtiges Nachdenken, eine Zwiesprache mit dem Kind, ein Meditieren darüber, was sich hier ereignet und was Jesu Geburt über die Zeiten hinweg sagen will – und zwar nicht nur allgemein für die Menschheit, sondern für mich persönlich, für mich in meinem ganz eigenen Leben.

Die 1. Strophe eröffnet den Raum des andächtigen Nachdenkens, des Meditierens. Der Gedanke, an der Krippe zu stehen, ist der Bibel entnommen: der Geschichte von den Hirten, die zur Krippe eilen, der Geschichte von den Weisen aus dem Osten, die dem Kind ihre Gaben bringen. Aber es wird gleich persönlich auf den Betrachter, auf mich angewandt:

            „Ich steh an deiner Krippen hier, o Jesu, du mein Leben …“

Dass Jesus „mein Leben“ ist, ist bereits eine zentrale Aussage:

Jesus ist „mein Leben“ als der, der für mich gelebt hat: der meine Gestalt angenommen hat, der geworden ist wie einer von uns: – als Kind geboren, hilfsbedürftig wie jedes Baby, berührt von liebevoller Zuwendung wie jeder und jede von uns, ergriffen von Freude und Leid – wie jeder, der auf der Erde lebt. „Mein Leben“, das bedeutet aber auch: das von Jesus geschenkte Leben – von ihm geschenkt, weil ich es im Lichte seiner Liebe leben kann, weil er mir die Liebe in einzigartiger Weise gezeigt und dargeboten hat. Wie sehr möchte man diese Liebe denen wünschen, die gegenwärtig in Bethlehem leben, eingeschlossen hinter der Grenzmauer, und ebenso allen Menschen in Palästina, in Israel, im Gaza-Streifen, im Libanon, in Syrien!

Wenn Paul Gerhardt an die Krippe tritt, dann will er – und das ist in diesem Lied das Besondere – dem Jesuskind nicht nur irgendeinen Teil dessen bringen will, was er besitzt, auch nicht nur ein einzelnes Erlebnis, eine einzelne Erfahrung, sondern sich selbst mit seiner ganzen Person:

            „Ich komme, bring und schenke dir, was du mir hast gegeben.

            Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut,

            nimm alles hin und lass dirs wohlgefallen.“

Dies alles, was ich bin: dass ich denken und fühlen kann, dass ich Geist und Sinn habe, Herz, Seele und Mut, das habe ich ja nicht mir zu verdanken, das ist mir geschenkt, gegeben. Mit allem, was unser Leben ausmacht, was wir haben und sind, stehen wir an der Krippe. Wenn wir es Jesus bringen, nehmen wir ernst, dass wir das alles nicht wie einen Besitz haben, sondern wie ein anvertrautes Pfand, wie eine einzigartige Gelegenheit; wir vertrauen es ihm an, damit es von seinem Blick beseelt, von seinem Segen neu belebt wird und von uns ausstrahlt auf Andere.

Wie das Leben dieses Kindes und mein Leben verbunden sind, davon erzählt das ganze Lied, das beschreibt Paul Gerhardt in 9 Strophen, die erfüllt sind vom Staunen über das, was zuerst die Hirten und die Weisen in der kleinen Stadt Bethlehem erlebt haben.

Die 2. Strophe enthält vielleicht die kühnste aller Aussagen. Sie greift am weitesten aus. Sie verbindet den Anfang unseres Lebens mit dem Anfang des Lebens Jesu, ja, mit dem Anfang der Schöpfung überhaupt:

            „Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren

            und hast dich mir zu eigen gar, eh ich dich kannt, erkoren.

            Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht,

            wie du mein solltest werden.“

Paul Gerhardt will sagen: Am Kind in der Krippe sehen wir, dass Gott von Anfang an, ja schon vor aller Zeit, einen guten Willen mit uns hatte: Ich bin nicht nur ein zufälliges Leben, irgendeine beliebige Existenz unter Milliarden von Menschen, nur irgendein Teilchen im endlosen Weltall, nein, in Jesus hat sich Gott mich, so wie ich bin, so wie ich hier in der Kirche bin, ausgewählt.

Ein ungeheurer Gedanke! Ein Gedanke, der dem Leben eines jeden und einer jeden von uns einen einzigartigen, nicht messbaren Wert verleiht: Noch ehe wir im Mutterleib Gestalt gewonnen haben, noch ehe wir nach Gottes Willen geformt wurden, ist Jesus für uns geboren, hat er schon sein Leben für mich gelebt.

Bin ich damit gemeint? Ich mit meinen Sorgen und Lasten, ich mit meinen Ängsten und Fehlern, ich mit dem, was ich gut machen will und was mir oft so wenig gelingt? Ich mit meiner begrenzten Kraft im Blick auf die Menschen, die meine Hilfe, meine Unterstützung brauchen? Ja, will Paul Gerhardt sagen, ja, ich bin damit gemeint, so wie ich bin. An mich hat Jesus gedacht, daran, wie er zu mir in mein Leben kommen könnte.

In der 3. Strophe wird das weiter entfaltet. Und wie eben in der 2. Strophe Zeit und Ewigkeit durch Jesus mit meinem einen kurzen Leben zusammengebracht wurden, so wird jetzt alles umfangen, was in meinem Leben Raum greifen kann: von der finstersten Not bis zur hellsten Freude:

            Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne,

            die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne.

            O Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht‘,

            wie schön sind deine Strahlen!

Es ist eine Strophe voll der größten Kontraste, die wir uns vorstellen können. Die tiefste Todesnacht: Damit ist das größte Dunkel gemeint, in das wir in unserem Leben fallen können: das Dunkel einer Schuld, das Dunkel einer Verlassenheit, das Dunkel des Schmerzes, ja auch die Verzweiflung über Nöte, Katastrophen und Kriege in der Welt, die unser Herz ergreifen kann.

Ich denke, manche unter uns kennen Stunden, in denen es nur Verzagen, nur Gottesferne zu geben scheint. Eben daran erinnert sich Paul Gerhardt aus seinem eigenen Leben, einem Leben, das viele Jahre lang den Schrecken des 30-jährigen Krieges ausgesetzt war.

Und er erinnert sich daran, wie gerade dort, in der größten Dunkelheit, das Kind in der Krippe zu einer Sonne geworden ist, es mitten in der Nacht hell machte, die es aufstrahlen ließ: Licht, Leben, Freud und Wonne. Es kann gar nicht mit genug Worten der Helligkeit, der Freundlichkeit, des Lebens zum Ausdruck gebracht werden. Dabei verbreitet das Kind in der Krippe nicht nur einen Scheinglanz, nicht nur einen kurzen Optimismus, der später wieder verfliegt. Es ist vielmehr das Licht des Glaubens, das in mir angezündet wird. Es ist die Kraft, dass ich von Jesu Geist gehalten und ergriffen bin, dass ich von seiner Liebe durchdrungen werde, die es in meinem Leben hellmacht, so, dass ich nur staunen kann über diese einzigartigen Sonnenstrahlen.

Dieses Staunen füllt dann die ganze nächste, die 4. Strophe, aus:

            „Ich sehe dich mit Freuden an und kann mich nicht satt sehen;

            und weil ich nun nichts weiter kann, bleib ich anbetend stehen.

            O dass mein Sinn ein Abgrund wär und meine Seel ein weites Meer,

            dass ich dich möchte fassen!“

Der Blick verweilt hier auf dem Kind in der Krippe, auf dem einzigartigen Ereignis, das in diesem kleinen Menschlein sichtbar wird – geboren vor aller Zeit und doch auch geboren in dieser Nacht, die Kraft des Schöpfers selbst, und nun doch ganz da in diesem einen irdischen Leben. Wie könnte man sich daran satt sehen?! Und so lädt uns Paul Gerhardt ein, stehen zu bleiben, anzubeten, still vor diesem Bild zu verweilen. Und dabei wächst der Wunsch, dass mein Sinn tief, abgrundtief werden könnte, und dass meine Seele sich weitet, dass sie weit wird wie das große Meer, damit sie dieses Wunder fassen kann.

Von diesem andächtigen Staunen, von diesem weiten Blick kehrt Paul Gerhardt dann in der 5. Strophe in den Alltag zurück, und zwar dorthin, wo dieser Alltag von Not und Sorgen überschattet ist.

Diese und die folgenden 3 Strophen unseres Liedes werden selten gesungen. Vielleicht sind sie manchen unter uns überhaupt ganz neu. Und doch sind gerade sie besonders hilfreich und tröstlich.

Zunächst wollen wir sie miteinander singen.

            „Wenn oft mein Herz vor Kummer weint und keinen Trost kann finden,

            rufst du mir zu: ‚Ich bin dein Freund, ein Tilger deiner Sünden.

            Was trauerst du, o Bruder mein? Du sollst ja guter Dinge sein,

            ich sühne deine Schulden.‘“

Wie manche unter uns werden das erlebt haben, dass ihr Herz vor Kummer weint, dass es keinen Trost finden kann: wenn wir einen lieben Menschen verloren haben, der ganz zu unserem Leben dazugehört; wenn wir hilflos neben einem Kranken oder neben einem tief deprimierten Menschen stehen; wenn uns die Bilder leidender Kinder oder durch Krieg und Flucht zerrissener Familien wie ein tiefer Schmerz in die Seele fahren; wenn wir fanatische, aufgebrachte Menschen sehen, die mit Hassparolen über Ausländer und besonders auch über jüdische und muslimische Mitbürger herfallen; besonders aber, wenn wir selbst erleben, dass wir jemanden verletzt haben, dass wir Hassgefühle gegen Andere hegen, dass wir gegen Gottes Willen gehandelt haben.

Paul Gerhardt zeigt: Gerade dann will Jesus uns ansprechen, gerade dann ruft er uns aus der Krippe zu: „Hier bin ich. Ich bin den Freund. Ich bin in dein Leben hineingekommen. Ich weiß, wie dir ist. Ich leide mit dir und für dich. Ich nehme von dir, was dich quält, wenn du schuldig geworden bist. Du bist mein Bruder, du darfst guter Dinge sein.“

Für Jesus, der so für uns da ist, der – wie Dietrich Bonhoeffer einmal gesagt hat – „der Mensch für andere“ geworden ist, findet Paul Gerhardt nun ein besonders schönes Bild. Er nennt ihn einen „lieben Stern“, und er meint damit, dass Jesus das Himmelslicht ist, das auf die Erde kommt. Aber dann muss er sich selbst wieder darüber wundern:

            „O dass doch so ein lieber Stern soll in der Krippen liegen!

            Für edle Kinder großer Herrn gehören güldne Wiegen.

            Ach Heu und Stroh ist viel zu schlecht, Samt, Seide, Purpur wären recht,

            das Kindlein drauf zu legen.“

Paul Gerhardt fragt, wie denn dieses Himmelskind in einer einfachen Futterkrippe liegen kann, und er malt dann das Bild einer Fürstenwiege. Vielleicht hat mancher von uns schon einmal so ein Prachtexemplar bei einer Schlossbesichtigung gesehen: mit Samt und Seide ausgeschlagen, mit bestickten Kissen, mit einem hellblauen Himmeltuch darüber. – Freilich, wenn Jesus in einer solchen Krippe gelegen hätte, wäre er wohl fern von den einfachen Menschen groß geworden, für die er da ist und die er in seine Nachfolge ruft, er wäre in der sterilen Pracht eines Schlosses aufgewachsen. Und so ist dann das Lager für das Christkind, wie es sich Paul Gerhardt in Vers 7 wünscht, auch ganz anders. Es ist ein Lager voll duftender Blumen, das an der Stelle von Stroh und Heu entsteht, wenn Paul Gerhardt ausruft:

            „Nehmt weg das Stroh, nehmt weg das Heu, ich will mir Blumen holen,

            dass meines Heilands Lager sei auf lieblichen Violen;

            mit Rosen, Nelken, Rosmarien aus schönen Gärten will ich ihn

            von oben her bestreuen.“

Nicht steril, fern von unserem Leben, soll Jesus liegen, sondern mitten in der Natur, umgeben von den Schönheiten der Schöpfung, die sich selbst über sein Kommen freut. Paul Gerhardt will sich selbst auf den Weg machen, um das Lager Jesu so umzuwandeln; es sind die Blumen des Paradiesgärtleins, das wir auf manchen mittelalterlichen Bildern dargestellt finden, die der Liederdichter aus schönen Gärten holen will, auf die er das Kind betten und mit denen er es von oben her bestreuen will, so dass sich rundherum Wohlgeruch ausbreitet.

Doch dann besinnt sich Paul Gerhardt noch einmal auf den Weg Jesu, auf seinen einzigartigen, erstaunlichen Weg, der so gar nicht der Weg eines Fürstenkindes ist, der aber eben deswegen der Weg für mich, an meiner Seite, für meine Not wird.

            „Du fragest nicht nach Lust der Welt noch nach des Leibes Freuden;

            du hast dich bei uns eingestellt, an unsrer Statt zu leiden,

            suchst meiner Seelen Herrlichkeit durch Elend und Armseligkeit,

            das will ich dir nicht wehren.“

Paul Gerhardt nimmt hier Jesus in den Blick, wie er hingeht zu den Armseligen und Beladenen, wie er sie gesund macht und frei von Schuld und Sünde: Blinde, Lahme., Aussätzige, den Zöllner Zachäus, der sich seinen Reichtum ergaunert hat, den Widerstandskämpfer Simon, aber auch den Fischer Petrus, der ihn später sogar verleugnet. Er sieht Jesus, wie er selbst sich fesseln, schlagen und foltern lässt, als wäre er der Schuldige, ja, wie er sich schließlich ans Kreuz schlagen lässt, den Tod des gemeinsten Verbrechers erleidet. Krippe und Kreuz liegen hier nicht weit auseinander, und das haben immer wieder auch Dichter und Maler gesehen, die die Weihnachtsgeschichte dargestellt haben. So hängt etwa in Roger van der Weidens berühmtem Bild von der Anbetung der Könige mitten über dem Geburtsgeschehen oben am Balken des Stalles schon der Kruzifix, das Kreuz, das auf dieses Kind in der Krippe wartet. Aber dieser Weg hin zum Kreuz ist eben der Heilsweg, weil nur der, der mein Leben kennt, der mein Leben gerade auch in seinem Elend durchmessen hat, mein Erlöser sein kann.

Paul Gerhardt will dem Christuskind diesen Weg nicht verwehren, weil es ja der Weg für unser Heil ist, so unerhört es auch erscheinen muss, dass das Kind Gottes ihn geht und auf sich nimmt.

Besonders schön kommt die Erfahrung, die Paul Gerhardt hier ausspricht, zum Ausdruck in einem Zwiegespräch mit dem Kind in der Krippe, das uns von dem Kirchenvater Hieronymus überliefert wird, der Ende des 4, Anfang des 5 Jahrhunderts lange Jahre in Bethlehem gelebt hat. Ähnlich wie Paul Gerhardt spricht Hieronymus direkt mit dem Kind, als hätte er es lebendig vor sich.

„Ich sage (spricht Hieronymus): ‚Ach, Herr Jesu, wie hart liegst du da um meiner Seligkeit willen. Wie soll ich dir vergelten!‘

Das Kindlein: ‚Ich begehre nichts. Singe du: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen – und lass die dies lieb sein! Ich will noch viel dürftiger werden im Ölbergen und am heiligen Kreuz.‘

Ich spreche weiter: ‚Du liebes Kind, ich muss dir etwas geben, ich will dir all mein Geld geben.‘

Das Kindlein: ‚Ist schon zuvor Erde und Himmel mein. Mein ist Silber und Gold, ich bedarf nichts; gibs armen Leuten, das will ich annehmen, als sei es mir selbst gegeben!‘

Ich sage: ‚Das will ich gern tun; aber ich will auch dir etwas geben – oder ich muss vor Leide sterben.‘

Da hört ich die Antwort: ‚Willst du ja so freigebig sein, so will ich dir sagen, was du mir geben sollst: Gib mir her deine Sünden, dein böses Gewissen und deine Verdammnis … Ich wills auf meine Schultern nehmen.‘ –

Da fang ich an, bitterlich zu weinen und und sage: ‚O Kindlein! Ich dachte, du wolltest, was ich gutes habe; aber du willst, was ich böses habe…‘“

(nach Jörg Erb: Die Wolke der Zeugen; vgl. Weihnachtsmeditation: Gespräch des Hieronymus mit dem Kind in der Krippe. kraftwort.wordpress.com/2012/12/24/weihnachtsmeditation)

Hieronymus hat in seinem Leben immer diese unmittelbare Nähe zum Christuskind gesucht, hat sich inspirieren lassen von dem Ort und Geschehen in Bethlehem. Er hat dort das ganze große Werk der Übersetzung der Bibel ins Lateinische – die „Vulgata“ – vollendet.

Die innige Beziehung zum Kind in der Krippe, die sich in diesem Zwiegespräch ausdrückt, hätte ihn sicher auch in den letzten Wunsch einstimmen lassen, den Paul Gerhardt in der 9. Strophe seines Liedes vorträgt:

            „Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen;

            dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen.

            So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein

            dich und all deine Freuden.“

So wie es am Anfang des Liedes geheißen hat, dass ich mich an der Krippe selbst mit Geist und Sinn, Herz, Seel und Mut dem Kind hingebe, so gibt es hier am Schluss nun die Gegenbewegung: dass nämlich Jesus selbst zu mir, in mich hineinkommt. Und was kann es Wertvolleres geben als das: dass ich gleichsam zum Gehäuse des Christus werde, dass er mein Herz erfüllt, dass er, der für mich gelebt und gelitten hat, durch mich hindurch wirksam wird. Dann ist vielleicht auf unseren Gesichtern ein Abglanz seiner Freuden zu erkennen, ein Abglanz seiner Freundlichkeit, und wir können denen, die auf Licht und Wärme warten, das Licht des Christkinds bringen.


Prof. em. Dr. Johannes Lähnemann, Goslar, johannes@laehnemann.de

Johannes Lähnemann (geb. 1941) hatte von 1981-2007 den Lehrstuhl für Religionspädagogik und Didaktik des Ev. Religionsunterrichts an der Universität Erlangen-Nürnberg inne. Er lebt im Ruhestand in Goslar. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Interreligiöser Dialog, Interreligiöses Lernen, Religionen und Friedenserziehung. Er ist Mitglied der internationalen Kommission Interreligious Education der Bewegung Religions for Peace (RfP) und im wissenschaftlichen Beirat  von Religionen für den Frieden Deutschland.

Seine Autobiografie ist erschienen unter dem Titel „Lernen in der Begegnung. Ein Leben auf dem Weg zur Interreligiosität.“ Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2017.

Die Predigt wird in der St. Johannes-Kirche in Goslar-Ohlhof gehalten.

Liedempfehlungen: EG 27: Lobt Gott, ihr Christen alle gleich; EG 37: Ich steh an deiner Krippen hier,1-4 (vor der Predigt, 5-7 (während der Predigt), 8-9 (nach der  Predigt); EG 56: Weil Gott in tiefster Nacht erschienen; EG 44: O du fröhliche