Lukas 2,21

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Gott hilft | Neujahrstag | 01.01.2025 | Lk 2,21 (dänische Perikopenordnung) | Lasse Rødsgaard Lauesen |

 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Das ist die erste Zeile in dem, was auch deine und meine Geschichte wurde. Immer wenn Gott etwas schafft, kann er sehen, dass es gut ist. Gott kann noch immer das Gute sehen, auch wenn wir dasitzen und uns verkriechen und nicht den Mut finden, dem Neuen Jahr entgegenzusehen. Denn Anfänge sind gut, alles ist auf dem Weg, aber wo geht der Weg hin? Vor einiger Zeit blickte ich in den Himmel und sah einen Vogel. Ich hatte den noch nie gesehen, er glich einer Taube – mit langen Schwanzfedern. Und wie Adam hatte ich auch Lust, ihm einen Namen zu geben. Als ich googelte, war er fortgeflogen, aber ich fand einen Namen: Wandertaube.

Das Evangelium gibt in derselben Weise dem neuen Jahr einen Namen, nämlich Jesus. Nicht viele Zeilen, aber dennoch genug, um das Jahr beginnen zu lassen, denn das bedeutet, dass Gott hilft. Viele von uns würden vielleicht lieber beim Alten und Wohlbekannten bleiben, aber wie mit all dem anderen, was unter dem Himmel geschieht, haben wir keine Wahl. Die Welt bewegt sich, und wir müssen folgen. Unter dem Himmel Gottes waren die Menschen immer wie Abraham unterwegs, der losgeschickt wurde in ein neues Land mit einer Verheißung von Gott, dass dies zu einem Segen werden sollte. Wir sind auch auf dem Weg in das Neue und Unbekannte, jeder für sich bringen wir etwas mit aus dem alten Jahr. Letztes Jahr zu dieser Zeit ahnten wir nicht, dass wir das Leid, die Schande, die Furcht zu tragen hatten, aber das war der Fall. Wir hoffen darauf, dass die Worte heute ein Licht auf unserem Weg in der Finsternis sind, so dass wir den Mut bekommen, dem neuen Jahr entgegenzugehen und wirklich das tragen können, was zu tragen ist.

Wie sieht denn das neue Jahr wohl aus? Fragen wir die Tageszeitungen, sieht es nach noch einem annus horribilis aus, es gelingt uns vielleicht im Kleinen, alles zu bewältigen, aber im Großen und Ganzen sieht es nach Unwetter aus. Brennpunkte und Sorgen gibt es genug, und dann gibt es drei Wege, auf denen wir weiterkommen.

Wie ruft Gott uns aus der Finsternis, die uns irgendwie über die Welt zu kommen scheint? Das Evangelium lenkt unseren Blick auf eine kleine Familie und ein Kind, das nicht war wie alle wir anderen. Jesus soll nach dem mosaischen Gesetz beschnitten werden, ein ganz gewöhnliches Ereignis, aber auch eine Weise, daran festzuhalten, dass es in der Tat eine Absprache zwischen Gott und den Menschen gibt, eine Absprache darüber, dass die Finsternis nicht uns alle überwältigen darf. Denn Gott hat Abraham und seinen Nachkommen verheißen, dass sie gesegnet sein sollen. Jesus entstammt einem Volk, das stets auf einem scharfen Grad zwischen Heil und Verdammnis wandelte. Oft war es fast schief gegangen, die Leute konnten keine Kinder bekommen, oder Krieg und Flucht bedrohten ihr Leben. Die Finsternis war bedrohlich nahe, aber irgendwie kam das Licht immer wieder zurück, und alles wurde wieder gut. Gott hielt seine Verheißung, und vielleicht deshalb waren sie nicht ganz ohne Hoffnung.

Die Hoffnung ist zwar keine Strategie, denn eine Strategie ist eine langfristige Planung, die zu einem Ziel führt. Die Hoffnung ist aber eine Art und Weise, zwischen Himmel und Erde in einem Glauben daran zu existieren, dass das Ende so gut ist wie der Anfang.

Da ist auch eine Absprache zwischen Gott und uns in dem Namen verborgen, den wir heute hören: Jesus, das bedeutet „Gott hilft“. Wie soll das zugehen, fragt Maria, als der Engel sie zum ersten Mal in die Pläne Gottes einweihte. Das konnte nicht geschehen, aber es geschah, Maria wurde schwanger und gebar ein Kind. Das war vor acht Tagen, als Gott Mensch wurde. Maria gibt Jesus den Namen, den ihm der Engel gegeben hatte. Der Herr hilft, eine Verheißung: Ganz gleich wie finster der Himmel wird, das Licht wird wieder hervorbrechen. Im kommenden Jahr wird das Kind in unserer Kirche aufwachsen und von allen abgewiesen werden, schließlich alles verlieren und erst am Ostermorgen das Heil erleben. Denn Jesus hielt daran fest, dass es an Gott war, ihn und damit auch uns andere zu erlösen. In diesem Glauben konnte er sein Leben führen, in einer finsteren Welt einhergehen, ohne zu verzweifeln.

Gott hilft, kürzer kann unser Glaube auch nicht formuliert werden, hier liegt die Essenz des Evangeliums. Wir haben seitdem die Zeit damit verbracht zu verstehen, was der Name Jesus für uns bedeutet, was für eine Hilfe für uns bereitsteht. Darüber haben wir eigentlich zu lange und zu klein gedacht. Denn Jesus sollte uns ja nicht nur von der Sünde befreien, sondern die Welt erlösen und sie wieder aufrichten, so dass das Licht die Finsternis verdrängen kann.

Die Finsternis kann aber schleichend kommen. Ihr erinnert euch, ich habe eine merkwürdige Taube gesehen, die ich bei Google als Wandertaube identifiziert hatte. Sie hatte einen Namen bekommen, aber die Erzählung von ihr las ich erst später. Da stand, dass die Wandertaube in Nordamerika lebte, und die Huron-Indianer glaubten daran, dass ihre toten Vorfahren in Wandertauben verwandelt wurden. Es gab zwischen drei und fünf Milliarden von ihnen, und sie konnten den Himmel auch am helllichten Tag ganz schwarz werden lassen. Berichte von Neusiedlern erzählten von so großen Scharen, dass es mehrere Tage dauerte, ehe sie vorbeigeflogen waren. Sie sollten herrlich gut schmecken, und wenn man nur in die schwarze Sonne schoss, konnte man mehrere zugleich treffen. Sie waren die zahlreichsten Vögel der Welt und so verbreitet, dass man sie nicht beachtete. Nur eine von ihnen wurde berühmt. Martha hieß sie, denn als sie 1914 starb, war sie das letzte Exemplar in der Welt, und damit war die Art ausgestorben. Was ich sah, stimmte also nicht. Die Neusiedler hatten 100 Jahre gebraucht, so viel Wald zu roden und so viele Wandertauben zu schießen, dass sie ausgerottet wurden. Das waren nicht besonders böse oder sündige Menschen, sie waren nur hungrig, so hungrig, dass schließlich kein Vogel mehr im Himmel war.

Ihre Geschichte könnte auch unsere Geschichte werden, und der Glaube, um den wir uns versammeln, ist deshalb nicht nur der, dass unsere Taten vergeben werden, sondern dass auch eine Wiederherstellung aller Dinge geschehen wird, auch von dem, was fehlt. Wie viele haben bis jetzt die Wandertaube vermisst? Ich nicht, aber wenn ich die Geschichte höre, fehlt sie mir furchtbar, und ich wünsche, dass es wirklich eine Wandertaube war, die ich in meinem Garten sah. Das ist ein Teil unserer Verheißung, dass wir die Wandertaube sehen werden, denn in der Welt, die Gott ins Leben rief, waren ja Wandertauben.

Jesus erlöst also nicht nur den Sünder, er ist der Heiland der Welt, der, von dem wir glauben, dass er ein Segen für alle Völker wird und die Welt wiederherstellt. Wir brauchen den Erlöser, wenn uns die Finsternis umgibt und wir glauben, dass die Welt dem Untergang entgegengeht. Gott hilft, mit dieser Hoffnung können wir nämlich etwas Licht in die Finsternis bringen und uns darauf freuen, dass wir wieder Wandertauben sehen können.


Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen

Pårup

DK-5000 Odense

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