Lukas 24,13-35

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Ostermontag | 21.04.25 | Lukas 24,13-35 (dänische Perikopenordnung) | Von Rasmus Nøjgaard |

Wenn die Wand am dünnsten ist

Es gibt zwei Gelegenheiten, wo die Trennung zwischen dem Irdischen und dem Himmlischen verschwindet. In der Taufe und im Abendmahl ist da kein Abstand, hier ist die Wand zwischen Gott und Mensch so dünn, dass der Mensch eins wird mit Christus. Unsichtbar, aber nicht symbolisch oder scheinbar, das ist ganz konkret.

Der auferstandene Jesus mit den beiden Jüngern, die wir gar nicht kennen, und sie gehören nicht zu den zwölf. Sie sind auf dem Weg nach Emmaus, eine Tagesreise von Jerusalem. Sie erkennen ihn zunächst nicht wieder, und erst als sie ihn mit zum Abendessen einladen und Jesus das Brot nimmt, segnet und es bricht, öffnen sich ihre Augen, und sie sehen, wer er ist. Sogleich fällt das Licht des Wiedererkennens über all das, was er ihnen während der Wanderung gesagt hatte, und jetzt spüren sie, wie ihre Herzen brannten, als er ihnen Moses und die Propheten im Lichte seines eigenen Leidens und Todes und seiner Auferstehung auslegte.

Das ist ein merkwürdiger Bericht, den nur Lukas erzählt. Einerseits ist es Lukas in seiner Erzählung wichtig, dass Christus konkret auferstanden ist, aber dennoch kann das Ereignis nicht lokalisiert werden. Genauso erleben Maria Magdalene, Johanna und Maria, die Mutter Jakobs, das leere Grab, wo zwei leuchtende Gestalten sie daran erinnerten, dass Jesus gesagt hatte, dass er gekreuzigt werden und am dritten Tage auferstehen würde. Sie sehen nicht ihn selbst, werden aber dennoch die ersten Apostel, die die Auferstehung Jesu verkündigen. Die desillusionierten und skeptischen Jünger finden auch das Grab leer, sehen ihn aber einen kurzen Augenblick, erst Simon, dann sie alle.

Kleopas erlebt zuerst, dass sich Jesus offenbart, als er das Brot segnet und bricht, aber so wie er sich offenbart hat, verschwindet er wieder. Jesus ist nicht mehr konkret festzuhalten. Der auferstandene Christus soll nicht in Jerusalem oder Israel lokalisiert werden, sondern tauscht die lokale mit einer universalen Perspektive. Kleopas eilt zurück nach Jerusalem, um den anderen Jüngern zu erzählen, dass Jesus sich ihnen gezeigt hat. Und während sie versammelt sind, steht Jesus plötzlich mitten unter ihnen. Jesus legt wieder Moses, die Propheten und die Psalmen aus. Keiner soll daran zweifeln, was die Schriften stets vorausgesagt haben, dass das Leiden, der Tod und die Auferstehung als eine Botschaft von der Vergebung der Sünden für Jerusalem wie auch alle Völker zu verstehen ist. Als er seine Jünger gesegnet hat, trennt er sich wieder von ihnen und wird in den Himmel erhoben, denn als Erlöser aller Menschen kann er nicht mehr nur an einem Ort sein. Er ist nun überall gegenwärtig, wo Gott verkündigt wird.

Die Abwesenheit Jesu wird abgelöst von der Botschaft von seinem Tod und seiner Auferstehung. Das ist die Botschaft an uns. Das ist auch die Botschaft, die Jesus für Kleopas auf dem Wege nach Emmaus verkündigt. Die Verkündigung von Christus als dem Erlöser. Das bedeutet, dass Christus durch seinen Tod und seine Auferstehung die Menschen frei macht und zum Leben erweckt. Was uns hier im Leben beschwert, hat keine Macht über uns mehr. Jesus erzählt, dass diese Botschaft das Zentrum der ganzen Schrift ist, sie hat stets dieselbe universale Perspektive, uns in Freiheit zu bringen und uns zu sagen, dass keiner Recht und Macht über uns hat. Allen ist im Glauben an Christus vergeben, sie sind mit ihm auferstanden. Wir sind letztlich nur Christus verantwortlich. Für ihn sind wir nicht mehr Gefangene, sondern frei, nicht gefallen, sondern auferstanden, nicht ungleich, sondern gleich, nicht verurteilt, sondern gesegnet.

Während der Wanderung nach Emmaus hört Kleopas die Auslegung Jesu und spürt dann das Feuer in den Worten, aber er wird nicht allein durch die Worte überzeugt. Die Verkündigung Jesu ist dennoch nicht in sich überzeugend, ganz gleich wie weise und mündig sie ist. Kleopas wird vielleicht getröstet, aber das weckt nicht seinen Glauben, dass er sieht, mit wem er zusammen ist. Erst als Jesus das Brot nimmt, es segnet und bricht, da kommt der Glaube sogleich, und er sieht, wer Christus ist.

Das Wort wird leibhaftig und verkündet, dass wir alle teilhaben an der Auferstehung Christi. Nicht dass das Wort nicht auch anderswo verkündigt wird als bei der Taufe und im Abendmahl, z.B. in der Liebe und der Barmherzigkeit zu unserem Nächsten oder in der Demut und Fürsorge für die Schöpfung im Übrigen, aber gerade hier beim Abendmahl versichert uns Christus, dass die Wand so dünn ist, dass wir mit dem Göttlichen in Kontakt gekommen sind.

In einer Welt, wo Verwirrung, Lüge und Betrug herrscht, können wir Sicherheit finden in der Sicherheit finden in der Schicksalsgemeinschaft mit dem Tod und der Auferstehung Christi. Hier im Abendmahl wird jeglicher Abstand überwunden, und wir werden vereint mit Christus. Ganz konkret, für einen Augenblick;

„Und er nahm das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach. Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis!“  (Lukas 22,19).

Sind das nicht auch die Augenblicke des Glücks, der Gemeinschaft und der Liebe, die ganz unsere Existenz durchdringen und die die ganze Perspektive auf das Leben und uns selbst verwandeln können? Die wahren erfahrungsnahen Augenblicke, von denen wir ein ganzes Leben leben können? Die konkreten Augenblicke, die allem Sinn geben, trotz all dem Zweifel, dem Widerstand und der Furcht, die ein Menschenleben quälen können? Das Wort bietet so viel an Bedeutung, dass wir merken, wie ein Feuer in unseren Herzen brennt, so dass wir Mut und Hoffnung fassen, für dieses Leben zu kämpfen, für den nächst en wie uns selbst, für die Barmherzigkeit, die Jesus uns gelehrt hat, dass wir mit ihr der Welt begegnen.

Es kann nicht bei Worten bleiben. Das gilt auch unser eigenes Leben. Wenn kein konkretes Handeln folgt, dann bleibt es bei den Worten, und sie werden hohl und ohne Bedeutung. So lebt die Liebe nicht nur von Worten, sondern davon, dass wir Liebe erweisen. Wenn wir uns mit einander versöhnen, wenn wir einander vergeben und selbst erleben, dass sie, mit denen wir Schreibtisch, Esstisch und Bett teilen, unsere Dummheit mit einem gnädigen Blick ertragen können. Vertrauen entsteht durch Nähe und Gegenwart, wenn wir Zusammengehörigkeit und Gemeinschaft erleben und wenn wir diese großzügige Vergebung annehmen und gewähren.

Dies ist es, was das Abendmahl kann:

Es macht den Abstand abwesend, wenn wir Christus mit an den Tisch laden, so dass er wieder das Brot segnen kann und uns teilhaben lässt an ihm und erfüllt werden von dem ganzen Licht der Auferstehung mit Vergebung und Erhebung.

Dann gibt es keine Grenzen.

Nur Hoffnung.

Amen.

Pastor Rasmus Nøjgaard

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