Lukas 2,9–14

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Von Hirten und Sternguckern | Heiligabend | Lk 2,9–14 | Ulrich Braun |

Ein Spiel für den Heiligabend

Ahmal (1. Hirtenjunge): Nabil (2. Hirtenjunge): Ich kann nicht schlafen. Mir ist so kalt. Du sollst auch nicht schlafen. Du sollst die Schafherde bewachen!

Ahmal: nach einer kurzen Pause Ich frage mich, ob die Sterne immer schon so ausgesehen haben. Ich meine: Mein Vater und mein Großvater haben hier auch schon die Schafe gehütet. Ob sie wohl dieselben Sterne über Bethlehem gesehen haben wie wir?

Nabil: Welche sollen sie denn sonst gesehen haben? Schüttelt den Kopf über seinen seltsamen Gefährten Die Sterne waren immer schon da. Bloß, dass dein Vater und Großvater nicht solche Sterngucker waren wie du. Sonst wären ihnen alle Schafe und Ziegen davongelaufen.

Ahmal: Ich meine ja nur, wieviel Sterne es wohl geben mag, und wie weit sie wohl weg sind. Zögert kurz und spricht dann weiter: Und wenn sie immer dieselben sind, dann ist ihnen wohl ganz egal, wer hier unten sitzt.

Nabil: Genau, ganz egal. Und ich wünschte, ich wäre so weit weg wie sie. Dann müsste ich auch nicht deine verrückten Gedanken anhören.

Ahmal: Glaubst wirklich, dass wir so unwichtig sind, und dass sich niemand um uns kümmert? Meinst du, dass es ganz egal ist, wer wir sind und was wir denken?

Nabil: Wem sollten wir denn etwas bedeuten?

Ahmal: Na, vielleicht – Gott. Ich meine, der hast uns immerhin gemacht, die Erde und die Menschen, die Pflanzen und Tiere …

Nabil: … und die Sterne auch. Die sind viel größer als wir und sie leuchten. Wenn es Gott gibt, ist er mit denen bestimmt vollauf beschäftigt. Weiter weg von uns als die Sterne ist er allemal. Vergiss es und gib Ruhe.

Ahmal: Jedenfalls werden von Gott alte Geschichten erzählt. In einer heißt es, dass die Leute, die im Finstern wohnen, ein großes Licht sehen sollen. Finster genug ist es ja, und warum soll es nicht für uns scheinen?

Nabil: Sag mir Bescheid, wenn’s so weit ist.

Ahmal: Dieser Stern da zum Beispiel. Den hab ich noch nie gesehen. Und ich glaube, er wandert. Vorhin hat er noch ganz da drüben gestanden. Und er ist so hell, ganz anders als die Sterne, die ich sonst beobachte.

Lied: Brich an du schönes Morgenlicht

Ahmal: Wünscht du dir nicht auch – wenigstens manchmal -, dass etwas passiert. Irgendetwas Schönes und Freundliches.

Nabil: Natürlich. Aber es passiert eben nie. Und wenn ich es mir zu sehr wünsche, werde ich davon nur traurig. denkt einen Moment lang nach Aber etwas ist ja immerhin los in Bethlehem.

Ahmal: Du meinst die große Volkszählung?

Nabil: Genau. Hast du die vielen Fremden gesehen? Die Unterkünfte quellen über. Mein Onkel hat eine Herberge. Die ist so voll, er musste schon Leute wegschicken. Sogar eine Frau, die schwanger war.

Ahmal: Er hat sie einfach weggeschickt?

Nabil: Was sollte er denn machen? Er hatte keinen Platz mehr.

Ahmal: Na, ich weiß nicht – irgend was! Er kann sie doch nicht einfach wegschicken. Was ist, wenn sie irgendwo hier draußen plötzlich ihr Kind kriegt?

Nabil: Und wenn schon. Sie wird nicht die erste sein, die nicht wusste, wo sie bleiben soll. Wenn du’s genau wissen willst: ich bin auch irgendwo hier draußen zur Welt gekommen. Meine Mutter hatte auch nichts. Mein Vater und sie haben in einer von diesen Schutzhütten hier draußen gewohnt. Schweigt einen kurzen Moment Mein Onkel hat mir erzählt, die Leute hätten ihm so Leid getan. Er hat diesen Stall am Ortsrand von Bethlehem. Dahin hat er die beiden geschickt. Schaut nach oben zum Himmel, wo der Stern weitergewandert ist Übrigens: dein komischer Stern scheint auch dahin zu wandern. Siehst du? Er steht von hier aus gesehen genau in der Richtung.

Lied: Es ist ein Ros entsprungen

Ahmal: Du hast Recht. Der Stern steht genau über dem Stall. Vielleicht hat das etwas zu bedeuten.

Nabil: Und natürlich bedeutet das deiner Meinung nach etwas…

Ahmal: Warum nicht? Vielleicht, dass das Kind geboren ist.

Nabil: Wenn das Kind geboren ist, bedeutet das nur eins: Die Eltern haben jetzt jede Menge Probleme!

Plötzlich wird es auf einer Seite ganz hell. Eine Figur wird im Gegenlicht sichtbar – mag sein

ein Engel.

Stimme: Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

Engel: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.

Stimme: Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:

Engel: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.

Lied: Vom Himmel hoch da komm ich her

Nabil: Was war das denn?

Ahmal: Engel …

Nabil: Was für eine Geschichte!

Ahmal: Tatsächlich im Stall, drüben in Bethlehem, dort, wo unser Stern leuchtet.

Nabil: Was für eine verrückte Geschichte. Im Stall und das Kind in einer Krippe … Also jetzt im Ernst, was soll denn das mit Gott zu tun haben?

Ahmal: Weiß nicht… aber lass uns nachsehen!

Nabil: Du bist verrückt. In einem Stall …, ich bin auch in einer Art Stall … , ich meine, da könnte doch jeder kommen. Da wäre ja Gott wie einer von uns …

Ahmal: Vielleicht ist es genau so. Gott, der die Sterne gemacht hat, ist ist einer von uns.

Nabil: Lass uns gehen.

Lied: Ich steh an deiner Krippen hier

Nabil und Ahmal zünden ihre Kerzen am Friedenslicht bei der Krippe an. Der Stall ist selbst nicht voll einzusehen oder eben nur als kleines Krippenmodell. Von dort kommen die Hirtenjungen schon wieder zurück, wenn das Lied beendet ist. Auf dem Rückweg unterhalten sie sich

Nabil: Es war tatsächlich nur ein Kind.

Ahmal: … und du hattest Recht: Die Eltern haben jetzt jede Menge Probleme.

Nabil: Und trotzdem hatten die Engel auch Recht. Wenn es einen Gott gibt, dann muss er den Menschen ganz nah sein. Dann hat er die Sterne gemacht und den Himmel, und er kann überall sein, wo er will, und meinetwegen überall zugleich: aber wirklich zu Hause ist er bei den Menschen.

Ahmal: Es sind die selben Sterne wie immer, aber es ist eine besondere Nacht.

Nabil: Eine heilige Nacht.

Ahmal: Das glaubt uns kein Mensch, das mit den Engeln nicht und überhaupt …

Nabil: Unterschätze die Menschen nicht. Immerhin ist Gott auch einer geworden, ich mein nur, weil ich doch auch in einem Stall …

Ahmal: Lass uns von unserm Sternenlicht etwas abgeben. Schließlich wird sich jeder darüber freuen, wenn er im Dunkeln ein Licht leuchten sieht.

Beide fangen an, ihr Licht durch die Reihen zu geben

Lied: Trag in die Welt nun dein Licht


Ulrich Braun