Lukas 5,1-11

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5. Sonntag nach Trinitatis | 20.07.2025 | Lk 5,1-11 | Suse Günther |

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN

Es begab sich aber, als sich die Menge zu Jesus drängte, um ihn zu hören, da stand er am See Genezareth und sah zwei Boote am Ufer liegen, die Fischer aber waren ausgestiegen und wuschen ihre Netze. Jesus stieg in eines der Boote, das Simon gehörte, und bat ihn, ein wenig vom Land wegzufahren. Er setzte sich hin und lehrte die Menge vom Boot aus. Und als er aufgehört hatte zu reden, sprach er zu Simon: „Fahre hinaus, wo es tief ist und werft Eure Netze zum Fang aus.“ Simon antwortete und sprach: „Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen, aber auf Dein Wort hin will ich die Netze auswerfen.“ Und als sie das taten, fingen sie eine große Menge Fische, und ihre Netze begannen zu reißen. Da winkten sie ihren Gefährten, die am anderen Ufer waren, sie sollten kommen und mit ihnen ziehen. Die kamen und füllten zwei Boote voll, so dass sie fast sanken. Als das Simon Petrus sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: „Herr, geh weg von mir, ich bin ein sündiger Mensch!“ Denn ein Schrecken hatte ihn und alle, die mit ihm waren, erfasst, über diesen Fang, den sie miteinander getan hatten, ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, Simons Gefährten. Jesus sprach zu Petrus: „Fürchte Dich nicht, von nun an wirst Du Menschen fangen.“ Und sie brachten die Boote an Land, verließen alles und folgten ihm nach.

Gott gib uns ein Herz für Dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN

Liebe Gemeinde!

Viel ist in Bewegung in unserer Landeskirche, der pfälzischen Landeskirche, zu der auch wir Saarländer gehören, jedenfalls dann, wenn wir in dem Teil des Saarlandes wohnen, das bis 1918 zu Bayern gehörte.

Sie haben es der Presse entnommen, im Presbyterium wird darüber diskutiert, Schreiben der Kirchenpräsidentin erreichen uns: Aber verstehen können wir es nicht.

Ab 2029 sollen die Kirchengemeinden keine Körperschaften öffentlichen Rechts mehr sein? Der Besitz und auch die Schulden gehen von der Kirchengemeinde zur Landeskirche über? Ich  denke, diese Reform ist vergleichbar mit der Entwicklung, die im Saarland  1974 stattfand, als die Dörfer ihre Eigenständigkeit verloren und den Städten eingemeindet wurden, in unsrem Fall Blieskastel, von wo wir seitdem auch verwaltet werden. Unsere Bürgermeister und Bürgermeisterinnen waren von an nur noch Ortsvorsteher und Ortsvorsteherinnen. Als ich dieses Beispiel im Presbyterium nannte, sagte einer aus dem Gremium zurecht: „Dieser Stachel ist bis heute geblieben“. Ich weiß das. Ich weiß aber auch, dass unsere kleinen Dörfer mit wenigen hundert Einwohnern und Einwohnerinnen heute nicht mehr lebensfähig wären.

Nun also müssen wir diesen Schritt in der Kirche machen. Wohin genau der Weg führen wird, ob er zum Erfolg führen wird, das wissen wir heute noch nicht.

Ich fühle mich als Pfarrerin so ein wenig wie Petrus. Wir Kollegen und Kolleginnen zusammen mit den Ehrenamtlichen haben in den vergangenen Jahren die äußersten Kräfte mobilisiert. Wir haben gearbeitet, so intensiv es ging. Wir waren Tag und Nacht unterwegs und haben kaum etwas erreicht.

Ich bin über die Anweisung meiner Kirchenpräsidentin und Landessynode, die Netze nun noch einmal auszuwerfen, nicht froh. Ich weiß nicht, ob ich, ob wir alle, fast alle über 60 Jahre alt, die Kraft noch einmal dazu haben werden.

Allerdings ist sind Kirchenpräsidentin und Landessynode nicht Jesus. Im Predigttext ist es Jesus, der Petrus auffordert, die Netze noch einmal auszuwerfen. Da lässt es sich leichter antworten: „Meister, auf Dein Wort hin will ich die Netze noch einmal auswerfen.“

Für uns alle bleibt die Situation ungewiss. Wir haben keine Sicherheit. Wir wissen nicht, was dabei herauskommen wird, wenn wir uns auf diesen neuen Weg begeben.

Aber: Wir haben keine Wahl. Wir können gar nicht ablehnen. Es ist alles bereits beschlossen. „Ihr werdet noch  einmal hinausfahren müssen.“ So lautet die Botschaft heute.

Welchen Grund habe ich, haben wir, diesem Befehl zu folgen? Nun zu allererst einmal diesen: Es führt kein Weg zurück. Wir haben es mit alle unserem bisherigen Einsatz, mit gutem Willen und Engagement und Gebet nicht geschafft, besonders erfolgreich zu sein. Die Netze blieben weitgehend leer.

Wir haben also gar keine Alternative, als nach vorne zu sehen, es noch einmal zu versuchen, noch einmal hinauszufahren, die Netze noch einmal auszuwerfen, aber dieses Mal nach der anderen Seite, wie es in einer ähnlichen Stelle bei Johannes (21,6) heißt.

Neue Wege gehören zum Leben. Meistens werden wir nicht gefragt, ob wir uns diesen Weg zutrauen. Wir müssen ihn gehen. Einfach deshalb, weil kein Weg zurück führt.

Veränderungen betreffen uns als Einzelne, als Gesellschaft, als Kirche. Wir haben keine Wahl, so scheint es.

Wir haben allerdings doch eine Wahl. Nämlich die, ob wir diesen neuen Weg mitgestalten oder über uns ergehen lassen. Verbringen  wir die wenigen verbleibenden Jahre bis zur Neuordnung unserer Kirche mit rückwärtsgewandten Diskussionen und Schuldzuweisungen oder überlegen wir uns sehr genau, wie wir unsere Möglichkeiten jetzt nutzen. Dazu gehört zu allererst, dass wir uns darüber klar werden, welche Möglichkeiten wir jetzt überhaupt noch haben. Welche Ressourcen und welche Ziele. Und dazu gehört vor  allem auch, dass wir zusammenarbeiten. Petrus, Johannes und Jakobus haben nicht angefangen, hin und her zu sprechen und sich gegenseitig Schuld zuzuschieben. Sie haben das Netz genommen, sind ins Boot gestiegen und sind losgefahren. Sie haben, als sie merkten, dass sie es alleine nicht schaffen werden, die anderen um Hilfe gebeten, die dann mit ihrem Boot unterstützten.

Wir in Mimbach, Webenheim und Böckweiler sind eine Fusion eingegangen. Wir sind nur noch eine Gemeinde, nicht mehr drei. Viele fühlen sich zurecht von dieser Fusion überfahren. Sie wurde nicht in der Gemeinde diskutiert und beraten. Aber in der jetzigen Situation die Kräfte damit zu verbrauchen, die Fusion rückgängig zu machen, wird uns nicht voranbringen. Wir sitzen gemeinsam im Boot, daran lässt sich nun mal nichts ändern. Ich meine fast, wir sollten die andern, die auch in ihrem Boot auf der Blies fahren, zu Hilfe rufen. Die Blieskasteler, und Bierbacher und Breitfurter und Gersheimer und Herbitzheimer und Bliesdalheimer…. Weil wir das Netz alleine nicht mehr packen.

Ich höre Jesu Worte, die er am See zu den Jüngern gesprochen hat, für mich, für uns: „Fürchte Dich nicht“

Ich bin wesentlich älter als Petrus. Ich bemühe mich seit Jahrzehnten das Boot zu steuern und das Netz zu füllen. Aber das hält mich nicht davon ab, das Netz noch einmal auszuwerfen. Auf Dein Wort hin Jesus, einmal mehr.

Ich kann das nur zusammen mit denen tun, die mit mir im Boot sind.

Am Samstag bei der Kanutour mit „Kirche unterwegs“ waren wir viele. Einmal ist unser Boot gekentert. Wir haben es umgedreht und haben uns gegenseitig dabei geholfen, wieder einzusteigen und weiterzufahren. Auch der Menschenfischer Petrus braucht die anderen. Und ich alte Pfarrerin sowieso. Der Vorteil dieses Alters ist, dass man mehr sieht, als nur das unmittelbare Umfeld. Es kommt irgendwann der Zeitpunkt, wo man versteht: Hinterm Horizont geht’s weiter.  Das, was jetzt in der Kirche passiert, ist ein Weg, dessen Ende wir noch nicht kennen. Ich kann mich auf diese Entwicklung einlassen, ohne das Ende zu kennen. Weil Jesus, an dem ich mich orientiere, meinen ganzen Weg im Blick hat. Auch den hinter meinem, hinter unserem Horizont.

Die Jünger haben sich nach dieser Begegnung ganz neu auf den Weg gemacht. Ich weiß, die biblischen Geschichten erzählen von damals. Aber sie erzählen auch von heute. Von uns, wir dürfen sie für uns hören. Also: Fürchtet Euch nicht.

AMEN