Markus 4,1–20

· by predigten · in 02) Markus / Mark, Aktuelle (de), Aus dem Dänischen, Beitragende, Bibel, Deutsch, Eva Holmegaard Larsen, Kapitel 04 / Chapter 04, Kasus, Neues Testament, Predigten / Sermons, Sexagesimae

Das Gleichnis vom Sämann | Sexagesimae | 23.02.2025 | Mk 4,1–20 (dänische Perikopenordnung) | Eva Holmegaard Larsen |

Als Kontrast zu all der Unruhe, die uns umgibt, begegnet uns an diesem Morgen ein sehr ruhiges Bild. Ein Feld, ein Frühjahrstag, hohe Sonne und Hoffnung in der Luft. Hier ist der Bauer, er geht über das Feld. Der Sack mit Samenkörnern liegt über seiner linken Hüfte, während die rechte Hand mit ruhigen rhythmischen Bewegungen in den Sack hineingreift nach einer Handvoll Korn – dann öffnet er seine Hand und wirft das Korn über das Feld. Das tut er immer wieder, vor und zurück über das Feld. Geduldig, ausdauernd und stark.

Seht es vor euch! So früh unter dem Frühjahrshimmel, das weiße Licht und die braune Erde, vor dem Zeitalter der Saatmaschine, als ein altes Gemälde vor dem inneren Auge. Es ist die Hand, die arbeitet. Die Hand öffnet sich und streut das Korn hinaus in großen Bewegungen – wie eine Hand, die sich zum Segen erhebt. Und das Korn wird verstreut, und einiges fällt auf den Weg, einiges auf Felsengrund, einiges unter Disteln, aber dann ist da auch etwas, was auf guten Boden fällt.

Ich glaube, dass es darum geht, dass wir der ruhigen und geduldigen Arbeit des Bauern folgen sollen, seinem Blick folgen sollen, wenn er ihn von den klaren Linien der Pflugfurchen hebt und seinen Samen großzügig nach rechts und links ausstreut, ohne sich darum zu kümmern, ob oder wo sie ankommen. Wie der großzügige Gott, der Sonne und Regen auf Böse und Gute niedergehen lässt.

Aber der Bauer zeigt auch einen Weg für uns, denen es so schwerfallen kann, den Blick von unseren eigenen Furchen weg zu wenden und den Glauben an die überraschende Wende unserer eigenen Geschichte zu finden. Das Leben folgt nicht den geraden Linien einer Furche, das tun wir auch nicht, und Glaube ist, mit der Hoffnung zu leben, dass unter Distelgemütern und steinernen Herzen etwas Gutes erwächst.

Da ist viel Glaube, Hoffnung und Liebe in der Erzählung. Die Zukunft wird nicht als düsteres Inferno und als Untergang dargestellt, sondern im Bild eines neuen Lebens, das seinen Weg findet, heraus aus den Ruinen einer zerbombten Stadt, während grüne Triebe die Schrecken des Schlachtfeldes bedecken. Leben entsteht immer, und Leben wird weiter entstehen, denn der Gott des Lebens lebt und ist in uns – in uns ist so viel Gutes gepflanzt, und das wird weiterwachsen und die Hoffnung am Leben halten. Menschen in der ganzen Welt stehen jeden Morgen auf und tun, was sie sollen, tun das Beste, was sie können – viele leben in schrecklichen Verhältnissen, aber sie halten dennoch das Leben hoch und versuchen, einen Alltag zu schaffen. Da ist da draußen so viel Alltags-Mut, der die Umgebungen segnet mit kleinen Strahlen von Licht und Freude.

Wo gehen wir hin? Was geschieht mit unserer Weltordnung? Sind wir uns noch immer einig in dem Versuch, das Klima zu retten? Halten wir zusammen, oder wachsen der Hass und die Gegensätze? Sehen wir in diesen Jahren, wie verletzlich die menschliche Gemeinschaft ist?

Lasst uns als christliche Menschen daran festhalten: Barmherzigkeit und Fürsorge und gegenseitiger Respekt sind das, was uns zu Menschen macht. Das ist nicht unfassbarer Reichtum oder prahlende Stärke. Es ist die Mitmenschlichkeit, die den Alltag für die allermeisten Menschen lebenswert macht. Das ist es, was Hoffnung pflanzt und uns Mut gibt, und dazu sind wir da.

In allen Erzählungen Jesu liegt eine überraschende Pointe. Er nimmt etwas aus dem Alltag wie einen Bauern, der sein Feld säht. Das ist ganz üblich – aber dennoch nicht. Da ist etwas, was uns herausfordert – in der Erzählung vom verlorenen Sohn ist da ein Vater, der auf seinen jüngsten Sohn zornig sein sollte, aber stattdessen nimmt er ihn liebend und vergebend wieder an. Und hier ist ein Bauer, der seine Furchen in der guten Erde auf dem Felde einsäen sollte, der aber das Korn großzügig auf Felsengrund und unter Disteln verstreut.

Hier sollen wir etwas sehen. Denn manchmal leben wir so, dass wir nichts sehen und begreifen. Hier aber sollen wir die überraschende Wende beachten, die unsere eigenen Erfahrungen und Meinungen von dem herausfordert, was gilt.

Hier aber liegt die ganze Pointe. Dass wir uns mitten zwischen dem befinden sollen, was wir selbst für richtig halten, und dann dem, was uns verwundert und überrascht. Denn hier geschieht etwas Wesentliches.

Wie in der Taufe und beim Abendmahl. Das Wasser ist in der Taufe mehr als Wasser, und das Brot und der Wein sind im Abendmahl mehr als Brot und Wein. Und das Mehr, das da ist – das ist das, was unsere Augen öffnet und unseren Blick neu ausrichtet. Und vielleicht ist eben dies Glaube. Dass man den Blick neu ausrichtet.

Wir finden, dass der Bauer hier unkonzentriert und sorglos wirkt, und wir denken, dass er Pleite geht, wenn er so weitermacht.

Und warum tut er das? Was kann wichtiger sein als eine gute Ernte? Das ist das Überraschende. Und hier sollen wir einhalten und den Blick schärfen.

Dies gilt auch für eine andere Erzählung Jesu, wo ein Weinbergbesitzer – oder ein Geschäftsführer, würden wir heute sagen – allen seinen Angestellten genau denselben Lohn gibt, obwohl sie nicht gleich viele Stunden gearbeitet haben. Da sind einige in Vollzeit, andere in Halbzeit und viertel Zeit. Aber alle erhalten denselben Lohn, als der Tag vorbei ist, genau denselben Tageslohn.

Wo der Bauer nur unklug wirkt, so ist dieser Weinbergbesitzer ja direkt unangemessen und ungerecht in seinem Verhalten. Aber hier muss man den Blick ausweiten. Die Geschichte wird von Jesus erzählt – und er will unsere Augen dafür öffnen, dass hier ein anderes Gesetz gilt – das Gesetz Gottes. Wie es bei Propheten Jesaja heißt: Eure Pläne sind nicht meine Pläne, und eure Wege sind nicht meine Wege – sagt Gott der Herr.

Gott entlohnt nicht, wie wir gewohnt sind, entlohnt zu werden. Gott belohnt nicht nach Verdienst, sondern lässt den Regen fallen und die Sonne scheinen über Böse wie Gute. Auch wenn wir uns aus Scham und Schuld und Reue verkriechen, öffnet Gott seine milde Hand und lässt die Sonne aufgehen über meinem Leben und gibt mir noch einen Tag. Noch eine Möglichkeit zu danken und zu lieben und wieder gutzumachen, was ich zerstört habe.

Und Gott säht nicht sein Feld wie ein gewöhnlicher Bauer, der den guten Boden vorher auswählt. Gott geht das Wagnis ein, dass er vielleicht vergeblich säht und die gute Saat auf trockenen, steinigen Böden verschwendet.

Wenn uns aber die Augen geöffnet werden, können wir vielleicht gut den Sinn darin sehen, dass der trockene, steinige Boden doch eine neue Chance braucht – dass vielleicht nur ein einzelnes kleines Korn Wurzeln schlagen wird.

Deshalb liebt Gott großzügig, maßlos und nachsichtig. Nicht weil es gleichgültig ist, was wir tun und wie wir leben. Es ist nicht gleichgültig, ob wir die fruchtbaren Äcker Gottes zu Schlachtfeldern machen und unsere Herzen hart wie Steine. Aber die Gnade Gottes ist verschwenderisch und großzügig, weil es dann geschehen kann, dass sie genau dort ankommt, wo es am allermeisten gebraucht wird.

Der Keim dafür, dass etwas Schönes und Gutes wachsen kann, ist gepflanzt. In uns und im Leben. Und das Wort Gottes kommt zu uns, um die Keime der Liebe zu bewässern. Wie ein Bauer mit großen Armbewegungen sandte er seinen eigenen Sohn, und mit ihm gab es keine engen Grenzen. Er lebte mit großen Armbewegungen der Liebe, und christlicher Glaube besteht darin, dieser Spur zu folgen und fest daran zu glauben, dass das Beste im Schlimmsten wachsen kann.

Darin besteht die Vergebung der Sünden: Dass wir Menschen vor Gott mehr sind als hoffnungsloser Felsengrund. Wir sind mit all unserer Trockenheit und Härte stets Grund für das Wachsen und den Willen und die Liebe des Wortes Gottes.

Selbst aus dem kleinsten Korn kann ein großer Baum werden. Selbst die hoffnungslosesten Schicksale können sich zu etwas Gutem wenden. Selbst die hoffnungslosesten Situationen können sich mit Gottes Kraft zu einem neuen Tag wenden.

Das ist nicht etwas, was fertig erzählt ist, ehe Gott das letzte Wort gesprochen hat. Gottesglaube ist, an die unerwartete Wende der Geschichte zu glauben, dass es schließlich so geht, wie Gott in seiner Güte will. Amen.


Pastorin Eva Holmegaard Larsen

Nødebovej 24, Nødebo, DK-3480 Fredensborg

E-mail: ehl(at)km.dk