Matthäus 13,44-46

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In der Spur Jesu gehen – entschieden, einseitig, fröhlich! | 9. Sonntag nach Trinitatis | 28. 7. 2024 | Mt 13,44-46 | Winfried Klotz |

44 »Die neue Welt Gottes D ist mit einem Schatz zu vergleichen, der in einem Acker vergraben war: Ein Mensch fand ihn und deckte ihn schnell wieder zu. In seiner Freude verkaufte er alles, was er hatte, und kaufte dafür den Acker mit dem Schatz. 19,29 par; Phil 3,7-14 D) Wörtlich Die Königsherrschaft der Himmel.

45 Wer die Einladung in Gottes neue Welt hört und ihr folgt, handelt wie der Kaufmann, der schöne Perlen suchte:

46 Als er eine entdeckte, die besonders wertvoll war, verkaufte er alles, was er hatte, und kaufte sie.«

„Er habe immer davon geträumt, eines Tages auf den Mount Everest zu steigen, sagt der US-Unternehmer Ruben Salinas in einem Video, das er Anfang der Woche im Everest-Basislager aufgenommen hatte – für eine Schule in seiner Heimat. Nächste Woche, so hoffe er, gehe es hoch zum Gipfel.

Salinas ist einer der 414 Bergsteigerinnen und Bergsteiger, die jeweils 11.000 US-Dollar allein für die amtliche Genehmigung gezahlt haben, um den Mount Everest besteigen zu dürfen. 40.000 bis 100.000 Dollar kostet ein Aufstieg insgesamt. Ein großes Geschäft für Nepals Regierung und für die Expeditionsfirmen und eine Beschäftigungsgarantie für die Bergführer und Träger vom Volk der Sherpa. Die meisten von ihnen haben deshalb auch ein Interesse an weiterem Wachstum.“ (https://www.tagesschau.de/ausland/asien/mounteverest-110.html)

Faszinierend, was manche aufwenden, um den Mount Everest zu besteigen! Gewiss, manche Menschen haben viel – zu viel – Geld und das muss ausgegeben werden. Aber für solch ein Abenteuer, solch ein anstrengendes und auch gefährliches Unternehmen wie die Besteigung des höchsten Berges der Welt?! 18 Menschen starben 2023 beim Versuch, den Everest zu besteigen. Da wirkt das, was unsere beiden Gleichnisse erzählen, gar nicht mehr so verrückt.

Ein armer Landpächter – ich schmücke aus – findet beim Pflügen einen Schatz im Acker. Schnell deckt er ihn wieder zu. Dann rechnet er und berät sich mit seiner Frau: Wenn wir alles verkaufen, was wir haben, reicht das für den Acker? Seine Frau stimmt zu, sie lässt sich mitreißen von den großartigen Aussichten, die ihr Mann ihr vor Augen malt; aber riskant ist es schon. Wenn sich der Schatz als wertlos erweist, was dann? Dann haben wir doch immer noch den Acker, meint er, und können unseren Lebensunterhalt bestreiten.

Ein Kaufmann sucht schöne Perlen; sie gelten als zeitlos und wertbeständig. Unter Lebensgefahr werden sie von Tauchern aus dem Meer geholt. Schließlich findet er eine besonders große und schöne Perle. Wenn nur der Preis nicht so hoch wäre! Er ist nicht arm, aber dafür reicht es lange nicht. Wie, wenn er nicht nur sein Kapital, sondern seinen ganzen Besitz für die Perle einsetzt? Er verkauft alles, was er hat, und kauft die Perle!

Zwei Gleichnisse, aber um was geht es eigentlich? Will Jesus uns zu riskanten, fragwürdigen Geschäften ermutigen?Nein, im Focus steht die neue Welt Gottes, das Himmelreich, wie Luther übersetzt. Die neue Welt Gottes ist wie ein verborgener Schatz, findest du ihn, so wie der Landpächter beim Pflügen einen Schatz im Acker, dann zögere nicht und investiere dich ganz für sie! Oder: die kommende Gottesherrschaft ist so wertvoll wie eine seltene Perle; wenn du sie findest, so wie dieser Kaufmann, dann zögere nicht und investiere dich ganz für sie.

Aber was ist denn das, die „neue Welt Gottes, das Himmelreich, die Königsherrschaft Gottes“? Jesus hat in Nachfolge zu Johannes dem Täufer verkündigt: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.“ (Mt. 4,17) Oder umschreibend: „Ändert euer Leben! Gott wird jetzt seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden!“ (GNB) Im Blick ist eine grundlegende Erneuerung von Mensch und Welt. Im Blick ist etwas, das im Irdischen geschieht, aber das Irdische weit übersteigt. Im Blick ist ein Geschehen, das jeden Menschen angeht, das zu einer Entscheidung herausfordert und Mithandeln braucht, das aber Gottes Tat ist.

Als moderne westliche Menschen haben wir nach Aufklärung und Säkularisation ein großes Problem damit:

Unser Himmel ist leer, und wenn nicht leer doch so transzendent, das Irdische übersteigend, dass wir nichts wirklich erkennen können und nur noch ein Appell bleibt: versuche gerecht zu handeln. Letztlich gleichen wir damit denen, die sich die „Letzte Generation“ nennen und durch Straßenblockaden ein Umsteuern in der Klimapolitik und im Denken der Menschen erreichen wollen. Nur wir können die Welt retten!

Das ist biblisch, von Jesus her betrachtet, aber nur die halbe Wahrheit und birgt damit die Gefahr, das gute Ziel zu verfehlen. Denn so sehr Jesus die ganze Hingabe fordert, so wenig meint er, durch unser Tun des Gerechten bewirkten wir die Rettung der Welt.

Jesu Himmel ist nicht leer, er verbrachte Stunden im Gebet, um danach über das Wasser des Sees Genezareth gehend seinen Jüngern zu folgen, die im Boot fuhren und mit Wind und Wellen zu kämpfen hatten. Ihn sehend schrien sie voller Angst: „Ein Gespenst!“ (Mt. 14,26) Jesu Himmel ist nicht leer, in der Einsamkeit eines hohen Berges öffnet sich ihm die himmlische Welt, sein Gesicht leuchtet wie die Sonne, seine Kleider werden weiß wie das Licht; Mose und Elia erscheinen und reden mit ihm. Größer noch als das aber ist die Stimme aus der Wolke: „Dies ist mein Sohn, ihm gilt meine Liebe, ihn habe ich erwählt. Auf ihn sollt ihr hören!“ (Mt. 17,5) Die Jünger waren schockiert, sie konnten nicht in ihr Weltbild einordnen, was sie sahen und hörten, da waren sie nicht anders als wir!

Auch wenn gelehrte Menschen das für mythologische Übermalungen der Jesusgeschichte halten, mit Gottes Gegenwart ist zu rechnen, sie ist zu suchen, sie geschieht überraschend mit uns oder auch gegen uns. Während Kirchenvertreter manchmal betonen, auch in heutigen Umbruchzeiten mit der Bildung von Nachbarschaftsräumen, Personaleinsparungen und Reduktion des Gebäudebestandes (EKHN) seien wir nicht verlassen, Gott gehe mit uns in die Zukunft, kommen mir bei solch oberflächlichen Tröstungen biblische Geschichten in den Sinn, z. B. von der Zeit der Wüstenwanderung Israels; Gottes Gegenwart bedeutete nicht nur Rettung; Hilfe, sondern auch Gericht.

Das war auch die Perspektive Jesu; er hätte es sich doch ansonsten sparen können zu rufen: Ändert euer Leben! Gott wird jetzt seine Herrschaft aufrichten und sein Werk vollenden!“ Niemand muss umkehren, niemand mit Entschiedenheit sich dem Reich Gottes zuwenden, wenn doch sowieso alles gut wird und wir, ob wir wollen oder nicht, an Gottes rettender Hilfe teilhaben. ‚Alles wird gut!‘ ist noch so eine faule, falsche Tröstung.

Gott richtet seine Herrschaft auf, ruft Jesus, deshalb wendet euch ihm zu. ER ist nicht fern. Während Kirchenleitungen und Synoden um den Weiterbestand der Institution Kirche ringen, was durchaus nötig ist, fordert uns Jesus auf, eine größere Perspektive einzunehmen: Kirche ist nicht um ihrer selbst willen da, sie soll Instrument der Herrschaft Gottes sein! Gott hat doch schon seine Herrschaft aufgerichtet im Leben und Wirken Jesu, in seinen Wundern, seiner Auslegung der Schrift; Zöllner, Sünder, Frauen mit schlechtem Ruf, sie werden durch ihn Teil des Volkes Gottes. Jesu Sterben am Kreuz und seine Auferweckung sind Gottes Versöhnungs- Sühnezeichen- für alle Menschen. („Ihn hat Gott als Sühnezeichen aufgerichtet vor aller Welt.“ Römer 3,25) Wer das ergreift, wer aus der Versöhnung mit Gott lebt, lebt im Reich Gottes – das kommt! Der/ die hat den Schatz gehoben und die Perle gekauft!

Müsste nicht vordringlichste Aufgabe all derer, die die Kirche leiten, sein, von Gemeinde zu Gemeinde zu reisen, zu predigen und zuzuhören, zu erfahren, wo der Schuh drückt, betend darum zu ringen, dass der Nebel sich hebt und der Blick auf das Reich Gottes wieder frei wird? Mein Eindruck: Kirchenleitung wird vor allem als Gremienarbeit betrieben, weit entfernt von der Gemeindebasis; ab und an noch ein Festgottesdienst, das wars. So aber kann man Kirche nicht leiten! Kirchenleitung geschieht in Gebet und Verkündigung des Evangeliums von Jesus.

Gott hat seine Herrschaft aufgerichtet im Kommen von Jesus! Wer das ergreift, wer aus der Versöhnung mit Gott lebt, lebt im Reich Gottes – das kommt! Der/ die hat den Schatz gehoben und die Perle gekauft! Aber, ist das nicht zu einfach gedacht? Im Gleichnis kostet der Schatz etwas; der Landpächter muss seinen ganzen Besitz verkaufen, um den Acker mit dem Schatz kaufen zu können. Interessant, es heißt: „In seiner Freude verkaufte er alles, was er hatte, und kaufte dafür den Acker mit dem Schatz.“ Es ist ihm ein Herzensanliegen – keine Qual! Er handelt in radikaler, fröhlicher Einseitigkeit! Ähnlich ist es mit dem Kaufmann: die Perle ist kostbar und schön, ihr Preis übersteigt aber sein Barvermögen. In radikaler Einseitigkeit setzt er seinen ganzen Besitz für sie ein. Ist Jesus, ist die Versöhnung mit Gott, ist die Zugehörigkeit zur Familie Gottes, ist ein mit Gott erfülltes Leben es wert, das bisherige Leben zurückzulassen? Was wird neu, anders, was musst ich zurücklassen, wenn ich mich auf Jesus einlasse?

Es gibt Beispiele in der Jesusgeschichte, was die Kosten betrifft: Die Jünger haben alles verlassen und sind Jesus nachgefolgt; ein reicher junger Mann konnte das nicht. Ein anderer soll sich erst klar machen, wie unbehaust das Leben mit Jesus ist, wieder einem anderen verbietet Jesus, seinen Vater zu begraben, jetzt gibt es wichtigeres zu tun. (Mt. 19,27; 19,16ff; 8,19ff) Ablehnung und Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu Jesus sind zu ertragen. (Mt. 5,11; 16,24ff) Die Kosten der Zugehörigkeit zu Jesus sind sehr unterschiedlich; es kann auch bedeuten auf etwas zu verzichten, was gesellschaftlich als lebenserfüllend und erlaubt gilt. (Mt. 7,13-14) Den Kosten gegenüber steht der Gewinn: Zöllner und Sünder bekommen Zugang zum Reich Gottes, denn Jesus ist gekommen, um „sein Volk von aller Schuld (zu) befreien“. (Mt. 1,21; 9,9ff; 11,5-6 + 25ff))

Ich sage es ganz persönlich: Jesus schreibt dir nicht vor, was du verlassen – loslassen sollst. Du wirst selbst merken, was dich hindert, was dir die Freude nimmt, was dich bindet. Jesus möchte, dass du deinen Weg in seiner Spur mit Entschiedenheit gehst. Lass Gottes Geist an dir arbeiten! (Phil. 2, 12-13) Amen.

Winfried Klotz, Jg. 1952, Pfr. i. R. Bad König/ Odenwald; verh. 3 erwachsene Kinder und ein Enkelkind. Theol. geprägt von Otto Michel und Hans J. Iwand, Mitglied Pfarrgebetsbund. winfried.klotz@web.de