Matthäus 5,43-48

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4.Sonntag nach Trinitatis | 23.06.24 | Mt 5,43-48 (dänische Perikopenordnung) | Thomas Reinholdt Rasmussen |

Ein Kind Gottes sein

Das heutige Evangelium enthält zwei Freuden. Erstens dass wir Kinder Gottes werden können, zweitens dass unser himmlischer Vater vollkommen ist in der Liebe.

Nehmen wir das erste zuerst.

In Dänemark hat man lange diskutiert, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein. Man hat gefragt: Wenn man Gottes Kind in der Taufe wird, was dann mit denen, die nicht getauft sind? Gehören sie nicht dazu? Sind sie ausgeschlossen.

Die Frage ist, ob die Taufe einen Trennstrich bedeutet, so dass sie einige Menschen draußen vorhält, andere gehören dazu, so dass die Taufe also eine Trennung zwischen zwei Gruppen von Menschen bedeutet.

In einer evangelischen Kirche besteht kein Zweifel daran, dass man in der Taufe ein Kind Gottes wird. Das geht aus dem Johannesevangelium, den paulischen Schriften und anderen Stellen hervor. Es geschieht also etwas in der Taufe. Aber es scheint so, dass man dabei nicht recht gesehen hat, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein. Was bedeutet es, ein Kind Gottes zu werden? Man fragt, ob das wirklich ein trennender Begriff ist.

Nun ist festzuhalten, dass die einzig entscheidende Frage hier im Leben die Sünde ist. Die Sünde macht einen Unterschied, ob man dazugehört oder nicht.

Für Luther bedeutet die Kindschaft Gottes, dass man ein Mensch ist, der durch das Sakrament geformt ist.  Also ein durch Christus geformter Mensch. Und was tat Christus? Er war solidarisch mit denen, die draußen waren. Er war bei den Verlorenen. Das ist auch die Aufgabe der Kinder Gottes: Eins zu sein mit dem Verlorenen. Ein Kind Gottes sein heißt gerade, dass man diese Trennung aufhebt und die Türen öffnet.

Und eben dies wird im heutigen guten Evangelium mit den Worten ausgedrückt: „Liebet eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel“. Stellt euch gleich in Liebe mit denen, die nicht dazugehören, den Verlorenen, die draußen vor sind.

Das heißt es, ein Kind Gottes zu sein. Wenn man dann beginnt, davon zu reden, dass Kind Gottes zu sein bedeutet, dass wir einen ganz neuen Trennstrich ziehen, ist man schlecht beraten. Dann sieht man nicht, was es bedeutet, Kind Gottes zu sein. Dann sieht man nicht, was es heißt, ein Kind Gottes zu sein. Das bedeutet, dass man die Trennungen aufhebt. Das ist die Kraft der Taufe, ja das ist das wahre Evangelium der Taufe.

Nun ist das so eine Sache, seine Feinde zu lieben und sich mit denen zu solidarisieren, die verloren sind. Es ist nicht leicht, sich mit denen gleichzustellen, die über einen lügen und einen vielleicht verfolgen. Man muss es aber tun. Man ist ja ein Kind Gottes.

Hier aber ist es gut zu wissen, ja zu glauben, dass unser himmlischer Vater vollkommen ist und dass Jesus unser Bruder ist. Denn auch wenn wie die Kindschaft mit Jesus teilen, hang er für uns am Kreuz. Wenn wir wie er uns gleichstellen mit dem, der draußen ist, dann kann es durchaus geschehen, dass wir uns irren. Und wir sind ja auch nicht Christus.

Jesus Christus solidarisierte sich am Kreuz mit den Verlorenen. Er solidarisierte sich mit dem, der verworfen war. Er bat für die, die ihn verfolgten. Er tat das, was im heutigen Evangelium gefordert wird und war wir nun, als himmlische Spiegel auf Erden, in aller Unvollkommenheit wiederholen sollen.

Aber seid dann vollkommen, lautet die Forderung. Und natürlich klingt sie so. Wir sollen die Forderung nicht abmildern. Du bist Kind Gottes. Lebe danach.

Aber die Lust nach Trennungsstrichen lebt in uns. Die Lust, mehr als andere zu sein, klebt an uns. Das ist die Herausforderung, in die die Forderung spricht.

Das Kind Gottes ist ja nicht Christus. Nur er hang am Kreuz. Er war Christus. Wir, die wir getauft sind, sind nach Christus geformt, Das ist ein Unterschied.

Christus machte sich eins mit den Verlorenen, auch mit dem verlorenen Kind Gottes, das nicht vollkommen sein kann und das in seinem Versuch fehlgeht, die Liebe zu realisieren, die man selbst in der Wiedergeburt der Taufe empfangen hat.

Deshalb ist da die andere Freude im heutigen Evangelium. Dass unser himmlischer Vater vollkommen ist. Er ist vollkommen in der Liebe, in der wir nur Amateure sind. Er hält uns, wenn wir uns verirren. Weil wir die Geschichte von Christus gehört haben, glauben wir, dass er solidarisch ist mit all uns Verlorenen, die versuchen, in dem Leben zu sein, wo er seine Sonne aufgehen lässt über Gute und Böse. Das ist schlechterdings der Trost des Evangeliums: Wenn wir uns in unserem Leben verirren, das so chaotisch und unperfekt sein kann, dann ist unser himmlischer Vater vollkommen. Seine Liebe reicht durch alles Trennende und alle Türen. Sie geht durch geschlossene Türen, auch durch den schweren Stein des Grabes. Das ist die Liebe Gottes, die selbst den Verlorenen in der Welt erreicht. Das ist es ja, was uns vom Kreuz und vom Grab erzählt wird: Gott entfernt den Stein.

Das Evangelium eröffnet also zwei Freuden: Das wir Gottes Kinder sein können und dass Gotte Vollkommenheit regiert, wo wir versagen.

Es geht darum, in der Gnade seiner Taufe zu leben und das Kind Gottes zu sein, das keine Trennungen setzt, sondern seinem himmlischen Vater gleicht, wie er es uns am Kreuz und im Grab erzählt hat.

Gebe und Gott dazu seine Gnade und Vergebung.

Amen.

Bischof Thomas Reinholdt Rasmussen

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