
Sprüche 8,22-36
Spielen vor Gott: auch eine Osterpredigt | Jubilate | 11.05.2025 | Spr 8,22-36 | Kira Busch-Wagner |
Liebe Gemeinde, „Jubilate“ heißt der heutige Sonntag. Auch wer kein Latein gelernt hat, hört es, spürt es, dass heute offenbar ein Sonntag voll Jubel ist. Und wir sind eingeladen, zuzustimmen, einzustimmen, mitzumachen. Heute mit Jubel und nächsten Sonntag machen wir weiter mit Singen, Kantate, und dann mit Beten am Sonntag Rogate.
Auch wenn die Osterferien gefühlt schon wieder so lange zurückliegen: hier in der Kirche geht der Jubel von Ostern immer noch weiter, für manche unserer biblischen Gestalten ging er vielleicht überhaupt erst allmählich los. Es braucht ein bisschen, bis der Jubel sich entfaltet und rumspricht und seine Kreise zieht. Denn als die Frauen vom leeren Grab zurückkehrten, sitzt – so wie die Evangelisten von der Auferweckung erzählen – ihnen erst noch der Schreck und die Furcht in den Gliedern. Aber erzählt haben sie von ihren Erfahrungen am leeren Grab. Vom weggewälzten Stein. Von Engelserscheinungen.
Auf dem Kirchentag in Hannover haben gerade erst Tausende von Menschen den Bibelarbeiten zugehört, wo Jesus Maria von Magdala und der anderen Maria den Auftrag gibt: Fürchtet euch nicht! Geht hin und verkündigt es meinen Brüdern, dass sie nach Galiläa gehen: Dort werden sie mich sehen. (Mtth 28, 1-10).
Das muss man alles erst mal verkraften. Deshalb ruft der Sonntag es heute uns noch mal zu: Jubilate! Ja, es stimmt, es ist gut, ihr seid gemeint, Gott gibt neues Leben. Das ist freudige Nachricht. Eine frohe Botschaft der Frauen.
Auch der biblische Abschnitt, den wir heute hören, ist Botschaft aus dem Mund einer Frau. Es ist eine Rede der Weisheit. Die Weisheit spricht. Sie ist damit so etwas wie eine Urahnin der Frauen am Grab, eine frühe Verwandte. Sie gehört zu ihren Vorfahren. Wie die Frauen, die vom Grab kommen, erzählt auch die Weisheit vom Leben. Alle, die zu ihr gehören, alle, die auf sie hören, nimmt sie mit ins Leben. Weil die Weisheit gute Wege geht, ein gastliches Haus hat. Und vor allem, weil sie ein ganz enges Verhältnis zu Gott hat.
Die Weisheit sagt: ich war von Anfang an dabei. Wie ein Kind, das unter dem Schreibtisch spielt, an dem die Mutter arbeitet, wie ein Kind, das dabei sein kann in der Werkstatt und zuschaut, wie ein Kind, das mit seinem Spiel und seinen Ideen Vater oder Mutter überhaupt erst auf Ideen bringt, auf neue Gedanken, so, sagt die Weisheit, war ich von Anfang an bei Gott. Als Gott den Himmel aufbaute, das All, als Gott das Meer zum Meer machte zwischen den Kontinenten, als Gott Naturgesetze entwarf in göttlicher Werkstatt, da war ich, sagt die Weisheit, mit dabei. Voller Ideen. Frei. Voll Genuss. Alles war einfach richtig. Das, sagt die Weisheit möchte ich weitergeben. Das ist das Leben. Leben, das Gott entspricht. So ist alles geworden: Quellen und Berge und Hügel und Erde und Flur. Gut und richtig, ein Spiel, ein Traum, ein Genuss, eine Lust zu leben.
Liebe Gemeinde, ich weiß nicht, wer beschlossen hat: der biblische Abschnitt von der Weisheit soll zum Sonntag Jubilate gehören. Zu einem Sonntag der Osterzeit. Zu einem Sonntag, der sich freut über ein Leben mit Gott.
Ich finde, das war ein guter Entschluss. Das war eine gute Idee voll Weisheit. Ich bin froh über die Weisheit, die vor Gott spielt. Ewig im Leben.
Liebe Gemeinde, vor vielen Jahren sind mir die Worte der biblischen Weisheit, unser Predigtabschnitt von heute, eingefallen, als ich eine Beerdigung vorbereitet habe. Ich musste ein Kind bestatten, ein Mädchen mit dem Namen Sophia. Die Geburt war unglücklich verlaufen. Sophia hatte gelebt, aber unsere Welt hat sie nicht erreicht. „Sophia“ heißt auf Deutsch „Weisheit“. Und ich hielt mich dran fest, dass die kleine Sophia vor Gott spiele. Dass sie beständig lebe in Gottes Leben und Gegenwart. So, wie es die Weisheit, wie die Sophia im Buch der Sprüche es von sich erzählt. Für mich ist es ein gutes Bild vom Himmel: spielen zu können. Hingebungsvoll. Neugierig. Mit ganz viel Lust. Zu spielen, vor und mit Gott. Und zu jubeln, begeistert zu sein über alles, was Gott gemacht hat. Voller Weisheit. Voller Leben. Voller Lust. Mit ganz viel Liebe. Amen
Liedvorschläge:
Singt, singt dem Herren neue Lieder … (EG 286, nach Psalm 98; besonders schön Str. 5: Die Ströme klatschen wie mit Händen, ihr Berge, hüpft, der Herr erscheint.)
Nun lob mein Seel den Herren … (EG 289 nach Psalm 103; besonders schön Str. 3: Wie sich ein Mann (!) erbarmet ob seine jungen Kindlein klein … )
Singt da Lied der Freude über Gott … (EG 305 nach Psalm 148; Str. 4 eine österliche Verheißung: in das dunkle Leben leuchtet hell sein Schein…)
Wenn ich, o Schöpfer, deine Macht, die Weisheit (!) deiner Werke … (EG 506)
Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt … (EG 501)
Pfarrerin Kira Busch-Wagner Karlsruhe E-Mail: Kira.Busch-Wagner@kbz.ekiba.de
Kira Busch-Wagner, geb. 1961, Pfarrerin der Evangelischen Landeskirche in Baden, thematische Schwerpunkte: Ökumene, Christlich-jüdisches Gespräch, Öffentlichkeitsarbeit