Johannes 14,1-11

Johannes 14,1-11

Jubilate | 21.04.2024 | Joh 14,1-11 (dänische Perikopenordnung) | Poul Joachim Stender |

Die Umwege in unserem Leben sind ein Teil unseres Lebens.

Es gibt Leute ohne Orientierungssinn. In einem alten Monty Python Film gibt es eine Szene mit der Überschrift: „100-Meter Lauf für Leute ohne Orientierungssinn“. Alle Athleten sind bereit am Start. Der Startschuss erklingt, Bang, und dann laufen sie in acht verschiedene Richtungen. Ich habe auch keinen Orientierungssinn. Als ich einmal einen Vortrag in Hjerting halten sollte, einem Vorort der dänischen Stadt Esbjerg, und in Pattburg an der Grenze zu Deutschlang landete, kaufte ich einen Navigator. Nun zeigte mir eine kommandierende Frauenstimme den Weg. Man vermisst nie seine Frau, wenn man einen Navigator in seinem Auto hat. Mein Navigator ist eingestellt für den schnellsten Weg. Es geht darum, ans Ziel zu kommen. Ich komme nie mehr durch Dörfer. Es ist langweilig geworden, Auto zu fahren. Nun sind wir von unserem Navigator so abhängig geworden, dass wir keine Landkarten mehr lesen können.

Da könnte es fantastisch sein, wenn wir auch von einem geistlichen Navigator abhängig wären, unserem Herrn Jesus Christus. Es kann irritierend sein, Gott zum Navigator zu haben. Seine Wege sind nie unsere Wege. Wir bitten ihn, uns zu einem Ziel auf dem schnellsten Weg zu führen. Aber wir werden immer auf Umwege geschickt und enden oft dort, wo wir nicht gedacht hatten. Pattburg statt Hjerting.

Im heutigen Evangelium sagt Christus die berühmten Worte „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“. Das bedeutet, dass der Weg, den wir betreten, nicht unser Weg ist. Der Weg, den wir gehen, ist der Weg Gottes. In der Taufe wurden wir Eigentum Gottes. Er kann mit uns machen, was er will. Und es scheint so zu sein, dass der liebe Gott, im Gegensatz zu meinem Navigator, uns auf Umwege führt zu einem Ziel, das vielleicht gar kein Ziel ist, das wir uns gesetzt haben. Wir finden in der Regel nicht sofort die große Liebe, auch wenn wir das gerne wollen. Viele müssen ganz viele Umwege gehen über verschiedene Beziehungen, bis sie die Person finden, mit der sie das ganze Leben teilen wollen. Aber die Umwege sind spannend und lehrreich. Sie sind nie nutzlos. Der Weg zu Jesus Christus kann auch über große Umwege führen. Vielleicht muss da etwas Großes und Glückliches in unserem Leben geschehen, ehe wir das Gefühl haben, dass der Himmel die Erde berührt. Zuweilen stoßen wir auch auf Menschen, die im Wege stehen für irgendein Ziel, das wir uns für unser Leben gesetzt haben. Das bedeutet, dass wir den Kurs ändern und andere Wege einschlagen müssen. Diese Menschen brauchen kein Fluch zu sein, sondern können ein Segen sein. Die Kunst besteht darin, dass man die Umwege lieben kann, die uns der liebe Gott ständig zuweist. Die Kunst besteht darin, die Orte liebzugewinnen, an denen wir enden.

„In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“, sagt Jesus. Und vielleicht könnte man diese Worte dahin auslegen, dass die Orte, wo wir enden, ohne es gewollt zu haben, auch eine der Wohnungen Gottes sind. Der Apostel Paulus war ein Mann, der Umwege kannte. Er will die Christen in Damaskus verfolgen. Aber eine Vision bringt ihn dazu, die Richtung zu ändern. Von einem Augenblick zum andern wird er ein Christus-Gläubiger. Er verfolgte den Weg, wie sich die Christen damals nannten, und wurde plötzlich selbst auf den Weg geführt. Und einmal, als er auf seiner zweiten Missionsreise nach Mysia in der heutigen Türkei unterwegs war, hindert eine geistige Mauer ihn daran, weiterzureisen. Sein geistlicher Navigator veranlasst ihn, nach Europa zu reisen.

Eine alte Legende erzählt von dem vierten Weisen. Da waren drei Weisen, die nach Bethlehem zogen, um dem neugeborenen Jesus-Kind kostbare Gaben zu schenken. Aber nach der Legende war da auch ein vierter Weiser. Er erreichte das Ziel nicht. Er wurde dauernd auf Umwege geschickt. Erst sollte er einigen Leuten dabei helfen, nach dem Krieg einige Städte wieder aufzubauen. Dann sollte er dafür sorgen, dass Brunnen für arme Leute ausgegraben wurden. Dann kam er in Kontakt mit anderen, die desperat ihn und die Gaben brauchten, die er für das Jesus-Kind mitgebracht hatte. So kam er zu Christus an dem Tag, als Christus gekreuzigt wurde, und er hatte keine Geschenke mehr für ihn. Aber Jesus sah ihn an und sagte, dass das, was er für die Menschen getan hatte, denen er begegnet war, das beste Geschenk war, das er je bekommen hatte. Und ich bin sicher, würde man den vierten Weisen nach seinem Leben in den 33 Jahren fragen, die er damit verbracht hatte, auf Umwegen zu Jesus zu kommen, ob das ein gutes Leben war, würde er geantwortet haben: „Fantastisch“.

„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“, sagt Jesus. Und wir müssen einsehen, zielbewusst und ergebnisorientiert, wie wir sind, dass da mehr Leben und Wahrheit ist in den Wegen, auf die Gott uns führt, als auf den Wegen, die wir selbst planen. Der schnellste Weg zur Arbeit ist nicht immer der schönste. Die schnellste Karriere muss nicht immer die lehrreichste sein. Die am schnellsten zubereitete Mahlzeit schmeckt nicht immer am besten. Die Umwege in unserem Leben sind ein Teil unseres Lebens. Da kann auch ein Segen darin liegen, andere Ziele zu erreichen als die, die wir uns gesetzt haben. Wir müssen, wenn es um unseren Weeg durch das Leben geht, es unserem Herrgott überlassen, uns zu führen, wenn wir selbst getan haben, was wir können, um auf den rechten Kurz zu kommen. Gott befohlen. Amen.

Pastor Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
pjs(at)km.dk

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