Josef träumt vom Glück

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Josef träumt vom Glück

Christnacht, 24. Dezember 2020 | Predigt zu Matthäus 1, 18-25 | von Katharina Wiefel-Jenner |

Die Geburt Jesu Christi geschah aber so: Als Maria, seine Mutter, dem Josef vertraut war, fand es sich, ehe sie zusammenkamen, dass sie schwanger war von dem Heiligen Geist. Josef aber, ihr Mann, der fromm und gerecht war und sie nicht in Schande bringen wollte, gedachte, sie heimlich zu verlassen. Als er noch so dachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem Heiligen Geist. Und sie wird einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk retten von ihren Sünden. Das ist aber alles geschehen, auf dass erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht (Jes 7,14): »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns. Als nun Josef vom Schlaf erwachte, tat er, wie ihm der Engel des Herrn befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich. Und er erkannte sie nicht, bis sie einen Sohn gebar; und er gab ihm den Namen Jesus.

 

Als es Mitternacht war und alles in Finsternis versank,

da wurde das Kind geboren.

Da wurde die Welt neu.

Da wurde ein Traum wahr.

Gott ist in der Welt.

 

Josef, der Gerechte, träumte und sein Traum veränderte die Welt.

Mit wachen Sinnen litt er unter der unerbittlichen Ungerechtigkeit in der Welt.

Im Einschlafen quälte ihn die Angst seiner Frau.

An der Pforte zum Traum überwältigte ihn Trostlosigkeit.

 

Josef, der Gerechte, fürchtete sich.

Er war einer, der verstrickt war in das Elend der Welt.

Er wollte gerecht bleiben und wusste kein rechtes Mittel.

Er wollte lieben und wusste nicht wie.

Er wollte die Zukunft und sie war dunkel.

 

Als es Mitternacht war, träumte Josef, der Gerechte,

damit wir in seinem Traum erwachen.

Er träumte von einem Engel.

Er träumte von seiner Frau.

Er träumte vom göttlichen Kind.

 

Es ist Mitternacht, die Stunde der Träume. Die Stunde, in der auch wir von Marias Kind träumen. Heute Nacht hören wir den Worten des Engels zu. „Fürchte dich nicht!“ Der Engel hält uns das wunderbare Kind der Maria hin. Er zeigt uns die Vollendung unserer Sehnsucht und nennt uns den Namen: Jesus – Gott rettet. Das ist der Name der Sehnsucht. Gott rettet. Gott greift ein. Mit einem Kind rettet Gott die Welt. Die großen Retter sind gescheitert, aber diesem Kind wird es glücken. Es ist klein und verletzlich. Es ist zart und wunderbar. Es duftet nach Frieden und Geborgenheit. Das Kind erlöst ohne Gewalt. Es hüllt uns in Liebe. Das Kind will gestillt werden. So stillt es unsere Sehnsucht. Das Kind will auf dem Arm getragen werden. So trägt es uns. Das Kind will beschützt werden. So beschützt es uns. Das Kind will, dass wir es halten. So hält es uns vom Hass ab. In unserem Armen weckt es unsere Zärtlichkeit und verzaubert uns. Wir werden weich und glücklich. Das Kind rettet uns. Das Kind liebt uns. Das Kind erlöst uns. So rettet uns Gott, so liebt uns Gott, so erlöst uns Gott – durch Marias Kind.

 

Als alles still war und ruhte und es eben Mitternacht war, da träumte Josef,

damit wir mit seinem Traum leben.

Er träumte von Gottes Wort.

Er träumte von der Rettung.

Er träumte von unserem göttlichen Kind.

 

Es ist Mitternacht, die Stunde der Wahrheit. Die Stunde, in der die Hoffnung ihren Namen erhält. Immanuel ist ihr Name. Gott ist mit uns. Der Name des Kindes ist Immanuel: Gott ist mit uns in der Dunkelheit. Gott ist mit uns in der Verzweiflung. Gott ist mit uns im Versagen, in den Schmerzen, in der Einsamkeit. Immanuel: Gott ist mit uns auf den Intensivstationen, in der Quarantäne, in Moria. Immanuel: Gott ist mit uns in den Frauenhäusern, unter der Brücke, im Gefängnis. Immanuel bis zum Ende aller Tage, bis ans Ende der Welt.

 

Am Ende der Nacht stand Josef, der Gerechte, auf. Er war nicht mehr allein. Maria war bei ihm, die Engel waren bei ihm.

Josef war nicht mehr in das Elend der Welt verstrickt. Im Traum hat ihn der Engel in die Hoffnung verstrickt. Jesus ist der Name der Hoffnung. Gott rettet, Gott ist da. Da war mehr als ein Traum. Da war die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

 

Noch ist alles still und ruht. Es ist Mitternacht.

Josef träumt für uns vom Glück, von der Rettung und von Gott,

damit wir in der Nacht nicht mehr weinen,

damit wir atmen und leben,

damit wir das Kind in unseren Armen wiegen.

Am Ende dieser Nacht werden auch wir aufwachen. Wir werden nicht mehr allein sein. Das Kind ist bei uns. Unser Glück, unsere Rettung. Jesus. Immanuel.

Gott ist in der Welt.

 

Dr. Katharina Wiefel-Jenner

Berlin

wiefel_jenner@hotmail.com

Katharina Wiefel-Jenner, geb.1958, Pfarrerin i.R., bildet als Dozentin für Liturgik und Homiletik Ehrenamtliche für den Verkündigungsdienst aus.

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