Liedpredigt über Vom Himmel hoch, da komm ich her

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Liedpredigt über Vom Himmel hoch, da komm ich her

Liedpredigt über Vom Himmel hoch, da komm
ich her
(EG 24)

1. „Vom Himmel hoch da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär;
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich sing’n und sagen will.

2. Euch ist ein Kindlein heut geborn
von einer Jungfrau auserkorn,
ein Kindelein so zart und fein,
das soll eur Freud und Wonne sein.

3. Es ist der Herr Christ, unser Gott,
der will euch führn
aus aller Not,
er will eur Heiland selber sein,
von allen Sünden
machen rein.

4. Er bringt euch alle Seligkeit,
die Gott der Vater hat bereit‘,
daß ihr mit uns
im Himmelreich
sollt leben nun und ewiglich.

5. So merket nun das Zeichen recht:
die Krippe, Windelein so schlecht,
da findet ihr das Kind gelegt,
das alle Welt erhält und trägt.“

Liebe Gemeinde!

An Weihnachten dürfen wir alle wieder Kinder werden. Ein Kinderlied
auf die Weihnacht Christi hat uns Martin Luther geschenkt. Ein Krippenspiel,
mit verteilten Rollen zu singen. Ein Kinder- und Spiellied, bei dem es
am Ende die Mitsingenden vor lauter Freude nicht mehr auf ihren Stühlen
und Bänken hält. Davon ich allzeit fröhlich sei, zu
springen, singen immer frei.
So heißt es in der vorletzten
Strophe.

Doch noch sind wir nicht soweit, unser Auftritt kommt erst später.
Zuerst einmal ist der Engel dran. Er kommt von oben, vom Himmel, darum
fängt sein Lied auch ganz oben an, beim höchsten Ton. Vom
Himmel hoch
, ja von dort komm ich her . Zur Bekräftigung
erreicht sein Gesang sofort noch einmal den hohen Anfangston.

Aber der Engel aus dem Himmel will seine Botschaft ja hinunter auf die
Erde bringen, zu uns Menschen, darum baut er sich mit der letzten Zeile
seiner Melodie eine Leiter in die Tiefe, steigt zu uns herunter mit den
Worten: Davon ich singen und sagen will , kommt schließlich
auf dem tiefsten Ton an.

Der Engel hat sich übrigens als Marktschreier verkleidet, er hat
sein Lied den fahrenden Sängern abgelauscht, die auf den Märkten
die neuesten Nachrichten unters Volk bringen:

Ich komm aus fremden Landen her
und bring euch viel der
neuen Mär,
der neuen Mär bring ich so viel,
mehr denn ich euch hier sagen will.

So beginnen sie ihr Lied, werben um Aufmerksamkeit. Und nun kommt einer
nicht nur aus fremden Landen, sondern sogar aus dem Himmel. Um so gespannter
hören wir zu, was er uns zu sagen hat.

Der Engel hält sich recht genau an den Text, den ihm der Evangelist
Lukas vorgegeben hat: Euch ist heute der Heiland geboren, welcher
ist Christus, der Herr.
Aber er denkt daran, dass er Kinder vor
sich hat, junge und alte Kinder; und damit wir ihn ja richtig verstehen,
erklärt er uns das wichtigste und schwierigste Wort ausführlicher:
Heiland.

Euer Heiland, das ist der, der euch aus aller Not führen will.
Und davon gibt es ja wirklich genug unter uns, ich brauche das jetzt
nicht auszumalen. Aber nicht nur Leid und Not wird der Heiland heilen,
er wird auch unsere Beziehung zu Gott dem Vater wieder heil machen, macht
uns rein von Sünden. Damit ist der Weg frei ins Himmelreich, ins
ewige Leben, wo der Tod keine Gewalt mehr haben wird.

Der Engel verkündet uns auch, warum der Heiland das alles kann: Er
ist der Herr Christ, unser Gott.
Weil er Gott ist, darum kann
er uns erlösen.

Zwei Verse hat der Engel gebraucht, um uns das Wort Heiland zu erklären,
jetzt kehrt er zum Text des Evangelisten Lukas zurück, nennt die
Erkennungszeichen für das Kind. Doch zwischen Krippe und Windelein
hat er noch einen Hinweis versteckt, der uns das Kind in göttlichem
Licht zeigt. Es ist ein Kind, das alle Welt erhält und trägt .
Das Leben zu erhalten und zu bewahren, das ist ja das Amt des Schöpfergottes.
Er selber also verbirgt sich in diesem Kind. Wir merken: Die Melodie,
die der Engel gewählt hat, passt nicht nur zu ihm selbst, sondern
auch zu seiner Mär: Gott kommt zur Welt, steigt mit der Tonleiter
vom Himmel zur Erde.

Nun hat der Engel ausgesungen. Fünf Strophen lang haben wir mehr
oder weniger geduldig auf unsern Einsatz gewartet, jetzt sind wir dran.

6. Des laßt uns alle fröhlich sein
und mit den Hirten gehn hinein,
zu sehn, was Gott uns hat beschert,
mit seinem lieben Sohn verehrt.

7. Merk auf, mein Herz, und sieh dorthin;
was liegt doch in dem Krippelein?
Wes ist das schöne
Kindelein?
Es ist das liebe Jesulein.

Mit den Hirten gehen wir in unserm Krippenspiel nach Bethlehem zur Bescherung.
Ganz genau dürfen wir das Weihnachtsgeschenk anschauen, das Gott
uns gemacht hat. Alle gehen gemeinsam zur Krippe, haben das gleiche Ziel.
Aber schauen und schließlich auch mit dem Kind reden, das kann
jeder und jede von uns besser allein. So hat das auch Martin Luther gesehen,
der Verfasser unseres Krippenspiel-Liedes, darum lässt er ab der
siebten Strophe ein einzelnes Ich singen.

Zuerst ist es völlig mit Schauen und Staunen beschäftigt,
führt ein Selbstgespräch: Merk auf mein Herz! so ruft es sich
selber zur Aufmerksamkeit. Erkennst du wieder, was der Engel gesagt hat?
Siehst du das Kind?

Doch dann beginnt die Zwiesprache mit dem Kind in der Krippe.

8. Sei mir willkommen, edler Gast!
Den Sünder nicht verschmähet
hast
und kommst ins Elend her zu mir:
wie soll ich immer danken dir?

9. Ach Herr, du Schöpfer aller Ding,
wie bist du worden so gering,
daß du da liegst auf dürrem
Gras,
davon ein Rind und Esel aß!

10. Und wär die Welt vielmal so weit,
von Edelstein und Gold bereit‘,
so wär sie dir doch
viel zu klein,
zu sein ein enges Wiegelein.

11.Der Sammet und die Seiden dein,
das ist grob Heu und Windelein,
darauf du König groß und
reich
herprangst, als wärs dein Himmelreich.

Zuerst einmal muss das Kind begrüßt werden, ehrerbietig freilich,
der Standesunterschied ist uns durchaus bewusst. Ich Sünderin grüße
dich, den edlen Gast, heiße dich willkommen unter uns Menschen.
Herr, ich bin es nicht wert, dass du eingehst unter mein Dach, und trotzdem
bist du zu mir gekommen, in unser menschliches Elend hinein. Mir bleibt
nichts übrig, als dir zu danken, obwohl mir dafür die Worte
fehlen.

Und nun fängt das Staunen erst richtig an. Was hat der Engel von
dem Kind gesagt? Das alle Welt erhält und trägt? Du
Kind bist der Schöpfer, durch den alle Dinge gemacht sind, und liegst
auf dürrem Gras? Wie passt das zusammen?

Je länger wir Gottes Bescherung betrachten, desto mehr wundern
wir uns. Gott wird Mensch – schon diese Botschaft des Engels war erstaunlich
genug. Aber wenn er schon Mensch wird, dann müsste es doch wenigstens
prunkvoll sein, in Samt und Seide, mit Gold und Edelsteinen.

Und Dienerschaft müsste drum herum sein. Statt dessen stehen da
nur Ochs und Esel. Obwohl, wenn wir es recht bedenken, vielleicht sind
die ja ein besserer Hofstaat für das Kind, als wir Menschen. Immerhin
heißt es beim Propheten Jesaja: Ein Ochse kennt seinen Herrn
und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber mein Volk erkennt’s nicht
und versteht’s nicht.
Vielleicht haben diese Tiere – von uns als
dumm verachtet – ihren Schöpfer gleich erkannt, brauchten nicht
erst einen Engel dazu.

Das Staunen hält an: Du großer Gott, unendlich, überall
gegenwärtig, die ganze Welt kann dich nicht fassen, ist dir noch
zu klein, und jetzt liegst du in diesem engen Krippelein. Und du scheinst
dir noch nicht mal was draus zu machen. Als wäre es ein Königspalast,
als wäre es sogar der Himmel, so liegst du auf Heu und auf einer
Windel. Das ist für große Kinder genau so schwer zu fassen
wie für kleine.

Doch nachdem wir Kinder uns lange genug gewundert haben – vier Strophen
lang – fangen wir an zu begreifen, was Gott mit seiner Bescherung vielleicht
gemeint hat:

12. Das hat also gefallen dir,
die Wahrheit anzuzeigen mir,
wie aller Welt Macht, Ehr und Gut
vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.

Ja, wenn ich mir anschaue, wie du kleines Kind später gelebt und
was du gelehrt hat, dann passt das schon zusammen. Du warst meist mit
den Armen und Elenden zusammen. Du hast davor gewarnt, was Reichtum aus
Menschen machen kann. Wie hättest du da in einem Palast zur Welt
kommen können.

Vor allem aber: Wenn du, Gott, selber so arm und niedrig zu uns kommst,
wie sollten wir da Reichtum und Ansehen für etwas so wichtiges halten?
Da können wir nicht mehr glauben, du würdest uns eher annehmen,
weil wir etwas besitzen, Ehre, Ansehen, Frömmigkeit. Da brauchen
wir uns nichts mehr darauf einbilden, dass wir ja anständige Leute
sind. Du zeigst uns mit deiner Geburt, dass aller Welt Macht, Ehr
und Gut vor dir nichts gilt, nichts hilft noch tut.

So, es ist Zeit, mit den Hirten wieder umzukehren. Wir können nicht
für immer stehen und schauen. Aber das, was Gott uns beschert hat,
das Kind, das können wir nicht einfach liegen lassen. Darum bitten
wir: Du hast die elende Krippe nicht verschmäht, verschmäh
doch auch nicht das Bettlein, das ich dir anbiete, mein Herz. Komm zu
mir, damit ich nicht vergesse, was ich im Stall gesehen habe.

Und nun kommt Bewegung ins Spiel, nun beginnt der weihnachtliche Freudentanz.
Wir springen und singen zugleich dem Kind ein Susaninne, ein Wiegenlied.
Tanzend tragen wir die Weihnachtsfreude weiter.

Diese Freude soll kein Ende haben. Aber unser Krippenspiel-Lied, das
braucht doch einen Schluss. Dazu stellen sich alle großen und kleinen
Kinder noch einmal gemeinsam auf und singen miteinander. Wir bekommen
sogar Unterstützung von den Engelscharen. Und so bedanken wir uns
alle beim Vater für die wunderbare Bescherung:
Lob und Ehr sei dir, Gott im Himmel, dass du uns deinen Sohn schenkst.
Amen.

13. Ach mein herzliebes Jesulein,
mach dir ein rein sanft Bettelein,
zu ruhen in meins Herzens Schrein,
daß ich nimmer
vergesse dein.

14. Davon ich allzeit fröhlich sei,
zu springen, singen immer frei
das rechte Susaninne schön,
mit Herzenslust den süßen
Ton.

15. Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
der uns schenkt seinen eingen Sohn.
Des freuet sich der Engel Schar‘
und singet uns solch neues Jahr.

Irene Mildenberger
Liturgiewissenschaftliches Institut der VELKD
liturgie@uni-leipzig.de

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