Matthäus 4,1-11

Matthäus 4,1-11

Geraufe nach der Taufe | Invokavit | 18.02.2024 | Mt 4,1 – 11 | Fritz Neubacher |

„Allmächtiger, was für ein Champion! Ich hab ihn mit Schlägen traktiert, die eine Stadtmauer zum Einsturz gebracht hätten, und er hat sie alle weggesteckt. Was für ein Kämpfer!“

Das sagte Joe Frazier nach dem Boxkampf gegen Muhammed Ali am 1. Oktober 1975. Der Kampf ging als „Thrilla in Manila“ in die Geschichte ein. Es war das 3. und entscheidende Duell der Beiden gegeneinander. Vorher hatten einmal Ali und einmal Frazier gewonnen. Nun war Muhammed Ali der größte Boxkämpfer aller Zeiten.

Das ist es aber auch schon. Es gab natürlich ein Preisgeld, und Publicity, und der Sieger durfte sich „Boxweltmeister aller Klassen“ nennen. Und das war’s. Manche von euch erinnern sich vielleicht noch, andere kennen weder Frazier noch Ali.

Sonst ging es um nichts.

Das Duell, das in unserem Predigttext beschrieben wird, könnte man mit denselben Worten beschreiben. Der Teufel hätte nachher sagen können: „Allmächtiger (naja – ‚Allmächtiger‘ sagt er nicht gern zu Gott), was für ein Champion! Ich hab ihn mit Schlägen traktiert, die die Heilsgeschichte zum Umsturz gebracht hätten, und er hat sie alle weggesteckt. Was für ein Kämpfer!“

In diesem Fight ging es um Alles! Es ging darum, ob der Teufel Jesus von seinem Weg abbringen konnte: seinem Weg ans Kreuz, seinem Weg zur Rettung der Menschen, seinem Weg zu Heil und Erlösung. Es ging um nicht mehr und nicht weniger als – um uns Alle!

Der Austagungsort des Box-Duells war sorgfältig gewählt: In den USA waren die Sicherheitsbestimmungen so streng, dass die Veranstalter nach einem Ort gesucht haben, wo das nicht so genau genommen wurde. Manila schien geeignet. Der Ort des Duells zwischen dem Sohn Gottes und dem Teufel war – von diesem – auch schlau gewählt: die judäische Wüste, östlich von Jerusalem. Die Einsamkeit, die Hitze, die Öde – da konnte man schon manchen Schlag unter die Gürtellinie anbringen…

Aber schauen wir uns den Kampf – er war auf 3 Runden angelegt – genauer an:

Runde 1:

Jesus war mitten im Aufbautraining. Er hatte kurz zuvor bei seiner Taufe am Jordan seinen messianischen Auftrag erhalten. Jetzt war er in der Wüste und bereitete sich mit Gebet und Fasten darauf vor. Mose hatte 40 Tage lang gefastet, und Elia auch. Der Befreier Israels und dessen größter Prophet hatten es vorgemacht, und Jesus trat in ihre Fußstapfen.

Als er lang genug gefastet hatte, war er müde und hungrig. Ich ahne, wie es ihm gegangen ist: Wenn ich auch nur eine Mahlzeit auslassen muss, werde ich unrund, antriebslos und nachgiebig. In diesem – schwachen – Moment kommt der Widersacher und sagt ganz beiläufig zu Jesus: Mach dir doch Brot aus einem dieser Steine. Wer so viel leisten muss, soll nicht hungern. Gönn dir doch was: Du hast es dir verdient, und du wirst es brauchen.

Ihr Lieben. Das Fiese an diesem ersten Schlag Satans ist, dass alles stimmt, was er sagt! Sich was Gönnen ist okay, körperliche Fitness für harte Aufgaben ist wichtig, und am Ende einer langen Entbehrungszeit ein bissl Feiern – nur ein Brot! – hat was!

Und dennoch wäre es falsch gewesen, dem Rat des Satans zu folgen. Warum? Die Antwort finden wir in Jesu Abwehr. Er sagt: Der Mensch lebt nicht von Brot allein, sondern von Gottes Wort! Heißt so viel wie: Brot ist eh wichtig, aber im Moment ist wichtiger, dass ich in der Stille auf meinen Vater höre. Dass ich konzentriert bleibe, und dass ich mich mental auf einen schweren Weg einstelle. Wenn ich mein Ziel erreichen will, dann muss ich auf meinen Vater hören, und nicht auf die Einflüsterungen von der falschen Seite.

Später hat man diese Brot-mach-Versuchung noch anders gelesen: Brot steht dann für Besitz. Wer Brot machen kann, ist reich. Im römischen Reich wurde der Kaiser, der die Brotlieferungen für die Großstadt Rom aus Afrika garantieren konnte. Später hat sich das Gleiche in Konstantinopel, der Hauptstadt des oströmischen Reiches zugetragen: Das Getreide kam aus Ägypten, und so mancher Erzbischof in Alexandria hat dem Kaiser in der Hauptstadt Zugeständnisse abgerungen, indem er mit dem Boykott des Einschiffens der Getreidelieferungen gedroht hat. Dann heißt also die Versuchung: Jesus, du bist auf dem Weg zum Messias. Aber du musst dafür nicht einen Leidensweg gehen. Gönn dir doch was! Schau, du kannst reich werden mit Brot. Du kannst dir eine Villa am Stadtrand leisten, und dir ein paar Privilegien gönnen. Und dabei kannst du Gutes tun, und die Menschen werden dich lieben dafür.

Hier erkennen wir die Taktik des Teufels: Wie hat er seinen Kampf angelegt? Er will Jesus von seinem Weg abbringen! Sein Ziel ist: Verhindern, dass Jesus am Kreuz ankommt! Das wäre für den Satan das Schlimmste. Das, was seinen Erfolg damals im Paradies, als er Adam und Eva verführte, zunichtemachen würde. Also wollte er den Gottessohn dazu bringen, zu tun, was er, der Teufel ihm vorsagte.

Jesus hat das durchschaut, und den Hieb abgewehrt. 1 : 0 für den Sohn Gottes.

Runde 2:

Der Schauplatz ist eine Zinne des Tempels in Jerusalem. Ganz oben. Da geht’s 50, 60 m runter. Wer da runterspringt, ist platt wie eine Briefmarke, nur nicht so schön gezackt. Außer – außer man ist der Sohn Gottes! Für den kommen die Engel und tragen ihn auf Händen. Steht in der Bibel! – Sagt wer? Der Teufel! Der Teufel kennt sich in der Bibel aus, und er verwendet Bibelworte für seine Zwecke. Das ist eine harte Lektion, die das Bibellesen nicht einfacher macht.

Der Schlag des Teufels zielt direkt in die Magengrube. Du ringst nach Luft. Atemlos durch die Nacht… Er sagt sinngemäß: nicht Leiden bringt dich ans Ziel, Jesus. Ein Star musst du werden! Mach eine coole Show aus deinem Job! Inszeniere dich, präsentiere dich, zeig was du kannst. Dann werden die Menschen dir folgen, du wirst Fans haben, Likes, Klicks und Follower, ohne Ende. Sie werden dich feiern, und du bist: der Größte! So geht: Gottes-Sohn-Sein!

Ich habe vor einem halben Jahr meine Entpflichtung gefeiert. Der Bischof hat mich im Rahmen eines Gottesdienstes aus dem Amt entlassen. Dabei hat er ein paar wertschätzende Worte gefunden, und ich habe gemerkt, wie ich innerlich immer größer und bedeutender geworden bin. Schließlich sind die Menschen aufgestanden, und haben mich mit standing ovations bedankt und verabschiedet. So schön es war, war es auch eine Anfechtung.

Jesus hat auch diesen Schlag bravourös abgewehrt: „Es steht auch geschrieben“, sagt er, „dass wir Gott nicht versuchen sollen“.

2 : 0 für den Gottessohn.

Runde 3:

Der Teufel geht auf’s Ganze. Ungeniert offenbart er jetzt seine tiefsten und hässlichsten Ziele: Du kriegst alle Macht der Welt. Du brauchst mich nur anzubeten!

Man kann darüber nachdenken, ob Satan da nicht etwas verspricht, was er gar nicht geben kann, weil er es nicht hat. Andererseits: denen, die die Backe hinhalten, die Liebe üben, altruistisch, menschen- und umweltfreundlich leben, denen gehört die Welt sicher nicht. Schon eher denen, die aggressiv sind und egoistisch. Das hat bei Alexander dem sogenannten Großen nicht angefangen, und das wird bei Putin nicht aufhören.

Ist Macht eine Versuchung? Ist Macht nicht auch etwas Gutes? Könnte man nicht unendlich viel Positives bewirken, wenn man ein wenig Macht hätte? Sicher. Sicher ist aber auch, dass der Preis für Jesus zu hoch ist. Den ist er nicht bereit, zu bezahlen. Deswegen schmettert er auch diesen letzten linken Haken ab, und befördert den Widersacher aus dem Ring: Verschwinde, Satan! Sagt er zu ihm!

3 : 0 – Sieg des Gottessohnes!

Es ist kein K.o. – Sieg, es ist ein Punktesieg. Der Teufel wird wiederkommen, immer wieder wird er Jesus von seinem Weg abbringen wollen: Er wird sich des Petrus bedienen, zu dem Jesus einmal genau das Gleiche sagen wird: „Heb‘ dich weg, Satan!“ Und ganz am Schluss, als Jesus am Kreuz hängt, bedient der Teufel sich der vorübergehenden Leute, die sagen: „Wenn er der Sohn Gottes ist, dann soll er doch jetzt vom Kreuz heruntersteigen…“

Jesus tut es nicht. Er folgt seiner messianischen Aufgabe treu – bis zum Ende.

Wir können fragen, was dieses Geraufe nach der Taufe für uns austrägt.

Wir gewinnen zwei Pokale:

Zum einen: Wir können uns freuen über den Sieg Jesu in diesem Kampf!

Er ist seiner Berufung treu geblieben, hat die Versuchungen durch Reichtum, Ehre und Macht abgewehrt, und ist den Weg, den ihm Gott bestimmt hatte, entschlossen gegangen. Es war ein Weg in Armut, Schande und Ohnmacht. Dieser Weg hat ihn ans Kreuz gebracht, und uns Erlösung und Heil!

Das ist Grund zum Staunen, sich Freuen und Danken! Wir können jubeln, feiern und singen: „Jesus, was für ein Champion! Satan hat ihn mit Schlägen traktiert, die die Heilsgeschichte zum Einsturz gebracht hätten, und er hat sie alle weggesteckt. Was für ein Kämpfer!“

Zum anderen: Wir können Jesus als Beispiel, als Role model verwenden:

Wir können – im Bild gesprochen – in die Wüste gehen, und uns fragen, was unsere Mission ist in dieser Welt. Wir können (neu) nachdenken, was Gott für mich vorgesehen hat, wo ich bei ihm eingeplant bin. Dafür brauchen wir vielleicht die paar Wochen bis Ostern, in denen wir konzentriert auf ihn horchen, und durch Bibellesen und Stille und Gebet klären, worum es eigentlich geht in meinem Leben. Dafür kann es hilfreich sein, zu fasten: vielleicht kein Fernsehen, oder kein Alkohol, etwas weglassen, was zerstreut und ablenkt.

Konzentriert sein: Solo dios basta – sagt Theresia von Avila. Gott allein genügt!

Ich bin sicher, wenn wir das tun, kommen wir stark zurück aus dieser Zeit. So stark, dass man vielleicht auch von uns sagen wird: „Allmächtiger, was für ein Champion! Sie wurde mit Schlägen traktiert, die eine Lebensmission zum Einsturz gebracht hätten, und sie hat sie alle weggesteckt. Was für eine Kämpferin!“

Amen.

Rektor i.R. Fritz Neubacher

St. Georgen im Attergau, Ö

Email: Fritz.neubacher@aon.at

Fritz Neubacher, Jahrgang 1958, Pfarrer der Evang. Kirche A. B. i. Ö.; bis 8/23 Rektor des Werks für Evangelisation und Gemeindeaufbau, seither im Ruhestand.

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