Philipper 4,2-7

Philipper 4,2-7

4. Advent | 18.12.2022 | Phil. 4,2-7; Joh. 1,19-28 | Anna Jensen |

Wir sind auf dem Wege zu Heiligabend und Weihnachten. Noch sind wir nicht dort, aber wir sind fast fertig mit den Vorbereitungen., die Kuchen sind gebacken, Geschenke sind eingekauft, hier in der Kirche kommen nur noch die Weihnachtsfeiern der Schulen. Wir sind so nahe dran, dass wir fast Weihnachten schon merken. Ein kleines Stück Weg noch, dann können wir die herrliche Erzählung hören, wie Jesus auf Erden geboren wurde in der Weihnacht.

Aber bis wir Weihnachten erreichen, müssen wir einen kleinen Umweg zurücklegen. Heute, am vierten Advent, stehen wir mit den großen Scharen am Ufer des Jordan. Johannes der Täufer predigt für uns. Er ruft: „Ebnet den Weg des Herrn!“ Viele in der Schar hörten auf Johannes und ließen sich taufen zur Vergebung der Sünden. Sie gingen erleichtert fort, nun wo sie ihr schlechtes Gewissen nicht mehr plagte. Johannes predigte, dass die Menschen auch eine Verantwortung hatten für die Sünde, dass es nie zu spät war, umzukehren und neu zu beginnen.

Merkwürdig, das war Johannes. Er lebte wie ein wilder Mann, gekleidet in Kamelwolle, er aß und trank, was er in der Natur fand, schlief in einer Felsenhöhle. Die Juden in Jerusalem schickten einige Priester und Leviten hinaus zu Johannes. Sie mischten sich unter die Leute und hörten die Predigt des Johannes. Plötzlich ergriff einer von ihnen das Wort: „Wer bist du?“ Johannes antwortete: „Ich bin nicht Christus“. „Wer bist du dann?“ wurde aus der Menge gefragt. „Bist du Elias, bist du der Prophet – wer bist du? Sage, wer du bist, dass wir Antwort geben denen, die uns gesandt haben! Warum taufst du, wenn du weder der Gesalbte bist noch Prophet?“ Johannes antwortete mit seiner donnernden Stimme: „Ich taufe mit Wasser; aber er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt. Der wird nach mir kommen, und ich bin nicht wert, dass ich seine Schuhriemen löse“.

So nahe sind wir bei Christus hier am vierten Advent! Er ist hier! Er ist hier in der Schar irgendwo, wir können fast die Hand ausstrecken und ihn anrühren. Aber noch hat er sich nicht zu erkennen gegeben, seine Stunde ist noch nicht gekommen.

Im Jahre 1516 malte Leonardo da Vinci ein Bild von Johannes dem Täufer. Auf dem Bild gleicht Johannes der Täufer mit seinen feinen fast femininen Zügen nicht einem wilden Mann. Seine Haare sind fein frisiert, und für einen wilden Mann ist er eine anmutige Gestalt, auch wenn er in Kamelwolle gekleidet ist. Mit dem Zeigefinger seiner rechten Hand zeigt er – nicht auf uns Zuschauer oder die Pharisäer, für die er nicht viel übrighat – nein er zeigt nach oben. Zum Himmel oder seinen Wanderstab, den man schwach im Hintergrund ahnt. Das obere Ende des Wanderstabes hat die Form eines Kreuzes, und das ist kein Zufall. Die Aufgabe des Johannes ist es zu zeigen, auf ihn zu zeigen, der nach ihm kommen wird, auf den Erlöser. Johannes predigte mit großer Autorität, denn er predigte nicht über sich selbst. Nicht Johannes sollte das Volk erlösen, nein, Johannes war der, der den Weg bereitete.

Ein Weg ist im engen Sinne eine Verkehrsader, eine Lichtung, die zwei Punkte verbindet. Wenn man an Punkt A ist und gerne zu Punkt B will, kann man den Weg benutzen. Im weiten Sinne ist ein Weg eine Art und Weise, sich zu verhalten, oder eine Hilfe. „Wo ein Wille ist, ist ein Weg“, sagen wir, oder: „Wir sind auf dem rechten Weg“.

Wir sind auf dem Weg nach Weihnachten. Ein Weg heißt auf Lateinisch via, Manchmal müssen wir einen kleinen Umweg machen, um das Ziel zu erreichen, wir erreichen es über (via) einen Umweg. Heute hören wir vom Erlöser via, d.h. über Johannes. Heute hören wir vom Erlöser auf dem Weg über Johannes. Johannes zeigt den Weg. „Er ist mitten unter euch getreten, den ihr nicht kennt“, sagte er. Und wir müssen uns umdrehen und unter den Leuten umschauen, können wir Christus sehen, ihn, der uns so nahe ist?

An mehreren Adventssonntagen sind wir nun unterwegs gewesen nach Weihnachten. Am Sonnabend werden wir feiern und uns darüber freuen, dass Gott uns nahe ist. Zu Weihnachten werden wir uns der Freude hingeben.

Paulus schreibt in seinem Brief an die Philipper: „Freuet euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich euch: Freuet euch!“ Es kann schwerfallen, sich zu freuen, wenn man Finsternis in sich trägt. Nicht alle Weihnachtsfeiern werden so, wie wir uns das wünschen könnten. Vielleicht ist es geographisch unmöglich, die Familie zu versammeln, vielleicht ist die Familie wegen einer Scheidung oder einem Todesfall getrennt. Aber Paulus fährt hartnäckig fort: „Freuet euch! Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe. Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet vor Gott kundwerden“. Gott wird unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus bewahren.  Gott wird uns Frieden geben.

Glaube ist Vertrauen. Weihnachten ist eine Freude, die so tief ist, dass sie selbst die tiefste Trauer erfasst. Paul Gerhardt 1653 das Lied geschrieben: Fröhlich soll mein Herze springen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er drei seiner fünf Kinder verloren. Er war Pfarrer in Mittenwalde südlich von Berlin in der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg. Vor dem Krieg und der Pest gab es in der Gemeinde 240 Familien, als Paul Gerhardt kam, waren es nur noch 42. Da war nicht viel, worüber man sich freuen konnte, dennoch schreibt Paul Gerhardt ein Lied, das so voller Freude ist. Der Gesang der Engel soll erklingen, denn der Himmel verkündet, dass Christus geboren ist. Selbst die Trauernden haben etwas, worüber sie sich freuen können, die in großem Leide schweben, sollen hören, denn hier ist die Tür zur wahren Freude. Es ist zwar arm und kalt im Stall, aber das Herz ist warm. Der Stern erhellt den Weg, der vor uns liegt.

In der Weihnachtszeit sollen wir uns freuen. Gewiss, es gibt Dinge im Leben, die uns misslingen oder nicht das werden, was wir wünschten. Aber die wahre Freude, der Erlöser, er ist gerade mitten unter uns. Die Aufgabe des Johannes ist es, den Weg zu zeigen, so dass wir mit klarem Auge Weihnachten sehen können, die wahre Weihnachtsfreude, den Heiland, der eben mitten unter uns ist und sich bald zu erkennen gibt. Amen.


Pastorin Anna Jensen

5230 Odense M

E-mail: ansj(at)km.dk

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